Am 30.12.2022 kommen wir gegen Mittag in Pokhara an. Die Zufahrt ist dabei die wohl schlechteste Straße, die wir bisher in ganz Nepal erleben durften. Wir biegen in Richtung "Lake Side“ ab und das Stadtbild wandelt sich sofort. Überall sind Straßenstände aufgebaut und der ganze Ortsteil ist geziert von bunten Girlanden und Werbebanner. Wir checken im "Youth Hostel" ein, welches wie viele andere Hostels über Neujahr total überfüllt sind. Hier wird uns erklärt, dass das lokale "Street Festival“ bereits seit 2 Tagen in vollem Gange ist und noch bis zum 02.01.2023 andauern würde. Jeden Tag ab 16 Uhr wird Lake Side zur Fußgänger-Partyzone mit dem Höhepunkt am Silvesterabend. Und wie angekündigt erleben wir die nächsten Tage die wohl größte Neujahrsparty nordöstlich von Delhi. An jeder Ecke gibt es kleine Verkaufsstände mit tausenden Produkten aus Yak- und Schafswolle, Kaschmir, Leder, Hanf usw. usw. Dazwischen unzählige Essensstände und Restaurants, die einen Teil ihrer Innenausstattung auf die Straße verlagert haben, sowie Bars und Kneipen, welche die vorbeiziehenden Menschenmassen mit abenteuerlichen Angeboten in ihre Lokalitäten zu locken versuchen. Es gibt mehrere Bühnen, auf denen lokale sowie internationale Gruppen auftreten, aber auch viele Straßenkünstler sind in der Menge zu finden. Wir genießen unsere Zeit in Pokhara und beschließen dort ein paar Tage zu verweilen.
In Lumbini schauen wir uns zusammen mit 1 Million indischer Touristen den Geburtsort Buddhas, sowie ein paar der umher errichteten Tempelanlagen an. Um alle Tempel und sonstigen Gebäude besichtigen zu können, wäre vermutlich eine Woche noch knapp bemessen und so begnügen wir uns mit einer kleinen Auswahl. Am nächsten Morgen brechen wir früh Richtung Norden auf, da wir noch nicht wissen, wo wir entlang der H10 mit Übernachtungsmöglichkeiten rechnen können und wie viele Höhenmeter uns tatsächlich bevorstehen. Zu unserer Erleichterung erweist sich der Siddhartha Highway als kleiner und weniger befahren als wir zunächst angenommen hatten. Entlang der Straße kommen immer mal wieder Orte mit Hotels oder Lodges. Leider wissen auch die Betreiber mancher Gaststätten, dass 2 Fahrradfahrer, welche nach einem Schlafplatz fragen, wenig Lust haben noch weiterzufahren und auch vergleichsweise sehr hohe Preise akzeptieren. Das ist bedauerlicherweise das erste Mal nach Nordindien, wo wir uns wirklich verarscht fühlen und überlegen, die nächsten Nächte bis Pokhara im Zelt zu verbringen. Ein paar Stunden später finden wir in einem mittelgroßen Ort eine Herberge mit guten Preisen und „sauberen“ Räumen und der Ärger des Vormittages ist vergessen. Über traumhaft schöne Bergstraßen, welche manchmal ein wenig baufällig sind, führt uns unsere Route vorbei an Tansen weiter hinauf ins Himalaya. In den Tälern sehen wir die typischen Terrassen, welche zum Anbau von Obst, Gemüse und Kräutern dienen, wobei die Häuser der Bewohner sich erhöht an den Hängen befinden. Eine clevere Art, die kaum vorhandene Anbaufläche maximal nutzen zu können und gleichzeitig vor den Sturzfluten der Monsunzeit geschützt zu sein.
Am 20.12. machen wir eine Safari im Bardia Nationalpark. Leider verstecken sich Nashorn, Elefant und Tiger an diesem wunderschönen Tag so gut, dass wir auch nach 8 Stunden vergeblichen Suchens keines dieser Tiere finden können. Erst im Aufzuchtgehege begegnen wir diesen dann. Am nächsten Morgen fahren wir querfeldein durch kleinere und größere traditionelle Dörfer, bis wir wieder auf der H01 landen. Die Nordseite der Straße ist die nächsten 150 km von einem höheren Stacheldrahtzaun geziert, was daher kommt, dass hier verschiedene Nationalparks angrenzen. Wir queren unzählige Flüsse auf unserem Weg nach Bhalubang. Auf dem Weg von dort nach Bankas Basa machen wir das erste Mal wirklich Höhenmeter in Nepal. Da dieser Tag zugleich Heiligabend ist, beschließen wir nur eine kurze Tagesetappe zu machen und uns ein besseres Hotel als gewöhnlich zu suchen. Stabiles W-LAN, eine heiße Dusche und ein sauberes Zimmer sind wirklich super angenehm. Nach einem festlichen Abendessen telefonieren wir noch mit Familie und Freunden und singen nur für uns ein paar Weihnachtslieder. Am nächsten Morgen schlafen wir ordentlich aus und strampeln die verbleibenden 50 km bis nach Lumbini, dem nach mündlichen Überlieferung, Geburtsort Siddhartha Gautamas, des Begründers des Buddhismus.
Entlang der H01 fahren wir schnurstracks Richtung Osten. Die Straße führt uns über viele Brücken und ist gesäumt mit Verkaufsständen, kleineren und größeren Restaurants, Kühen, Ziegen, Nepalesen, Schildern, die wir nicht lesen können und dies und dann noch das. Des Öfteren hören wir freudige Zurufe von außerhalb unseres Blickfeldes: "Namaste", "Oh my God" oder "Heeeelllooooo". Meistens sind es Kinder oder Jugendliche, die uns dann winken oder sich verschmitzt wegdrehen, wenn sie bemerken, dass wir herüberschauen. Wir sind hier zwar offensichtlich etwas Besonderes, aber deshalb versammeln sich noch keine Menschenmassen um uns, wenn wir zum Einkaufen anhalten. Der Müll am Straßenrand hat im direkten Vergleich zu Nordindien stark abgenommen und in den größeren Orten sind jetzt sogar Mülltonnen zu finden. Die Preise für Unterkünfte sinken im Vergleich zu Nordindien leicht, wobei die Qualität eher zunimmt. Auch das Verhandeln des Preises bleibt meist aus. Die Gerichte bleiben im Allgemeinen sehr ähnlich, wobei sich die Namen etwas verändern. Zwischen Chisapani und Sivapur müssen wir ein Stück Nationalpark durchqueren, was mit Fahrrädern zur eigenen Sicherheit (Wildtiere) nicht erlaubt ist. Die zuständigen Beamten stoppen daraufhin für uns einen LKW, welcher uns durch besagtes Gebiet fährt. Die nepalesischen Straßen sind in einem etwas schlechteren Zustand als die indischen, wobei sich die Fahrweisen der Einheimischen nur gering unterscheiden. In Nepal wird deutlich weniger "gehubt", dafür sind durch die engeren und schlechteren Straßen die Überholmanöver noch riskanter. Ein echter Nervenkitzel, wenn man selbst jenseits des Seitenstreifens (falls vorhanden) noch Gefahr läuft von einem entgegenkommenden überholenden Bus zermatscht zu werden. Busse sind hier das Fortbewegungsmittel Nr. 1. Wurden wir in Indien ständig von Mofas überholt, so fährt hier ca. alle 3 bis 4 Minuten ein Bus/Minibus an uns vorbei, welcher bis zum Bersten und darüber hinaus mit Nepalesen gefüllt ist. Summa summarum: wir haben bisher sehr viel Spaß und freuen uns auf die nächsten Tage und Wochen in diesem Land 🙂
Kurz vor der Grenze mit dem schönen Namen "Gadda Chauki", werden wir von einer nepalesischen Dame angehalten und in ein wenig offiziell aussehendes Gebäude geführt. Sie erklärt uns, dass wir nun Indien verlassen und sie unsere Pässe stempeln will. Etwa 500 Meter weiter werden von 2 Militärs unsere Papiere erneut kontrolliert und uns der Weg zum „Immigration Office“ grob beschrieben. Zum Glück haben wir uns vorab informiert und finden das beschriebene Gebäude über eine holperige Straße. Ein kleines blaues Häuschen in einer Wiese mit ein paar Ziegen im Vorgarten. Wir wecken den zuständigen Beamten, welcher bei unserer Ankunft ein Nickerchen im Gartenstuhl vollführt, und reichen über das hauseigene W-LAN unsere Dokumente ein. Nach ca. 45 Minuten haben wir unser Visum in der Tasche und somit kann das Abenteuer Nepal jetzt beginnen.
Von Agra aus geht es über Etha weiter Richtung Norden. Wir überqueren den Fluss Ganges und fahren über Badaun nach Bareilly und von dort aus weiter nach Banbasa. Nicht weit von dort liegt ein Grenzübergang von Indien nach Nepal. Im Vergleich zu den südlicheren indischen Bundesstaaten müssen wir nun in jedem Hotel erklären, dass wir ein verheiratetes Ehepaar sind. Manche Hotels lehnen uns als Ausländer direkt ab oder haben plötzlich kein Zimmer mehr frei. Auch spontane Preiserhöhungen um den Faktor 2 bis 3 sind keine Seltenheit. Entlang der Straße ist zwar nicht mehr Verkehr als in Südindien, aber irgendwie ist es lauter. Die Hupe ist das gängigste Mittel, um sich Gehör zu verschaffen. Da dieses Mittel jedoch von Jedermann angewandt wird, ist die tatsächliche Wirkung überschaubar. Wir sehen im Vergleich zu Südindien mehr Pferde- und Ochsenkarren, sowie mehr Fahrräder auf den Straßen. Auch der allgemeine Wohlstand scheint hier niedriger zu sein. Die vorherrschende Sprache ist Hindi, wobei den meisten Menschen ein paar englische Worte geläufig sind. Wir als weiße Fahrradfahrer sind etwas sehr Ungewöhnliches und so kommt es schon mal vor, dass sich an die 50 Leute um uns versammeln, während wir versuchen ein paar Bananen zu kaufen. Im Durchschnitt werden wir etwa 5 bis 6 Mal pro Tag angehalten, um mit Passanten ein paar „Selfies“ zu machen. Eine Lehrerin, welche ebenfalls Fotos mit uns machen wollte, lud uns ein, mit ihr ein nahegelegenes Mädcheninternat zu besuchen. Dieses Angebot konnten wir natürlich nicht ausschlagen. In diesem Internat waren etwa 100 Schülerinnen der Jahrgangsstufen 6 bis 8 untergebracht. Jede Jahrgangsstufe teilt sich parallel mit 1 oder 2 Lehrern einen Schlafsaal. Insgesamt ein interessanter Kurzbesuch für uns zwei Neugierigen. Analog zu den bereits bekannten Tuktuks sind vermehrt auch schmälere, elektrisch betriebene Wägelchen unterwegs. Je weiter wir von Agra Richtung Norden vorstoßen, desto staubiger wird die Luft. Dies ändert sich jedoch wieder als die Grenze zu Nepal näher kommt. Die Tagestemperaturen hier im nördlicheren Indien belaufen sich nun etwa auf 25 Grad, während es in der Nacht bis auf 7 Grad abkühlt.
Die Betreiber des Joey Hostel bieten jeden Morgen eine gemeinsame Tour zum östlichen Eingang des Taj Mahal an. Wir nehmen das Angebot natürlich gerne an und treffen uns gemeinsam mit ca. 15 weiteren Interessierten am folgenden Tag um 5:30 Uhr vorm Hostel. Um Punkt 6 Uhr früh öffnen die Schalter und wir betreten im Morgengrauen des 11.12 den Vorhof des sagenumwobenen Taj Mahal. Mit uns strömen hunderte weitere Besucher auf das riesige Gelände und so langsam wird uns klar, warum wir so früh hier sein sollten. Wir treten durch das aus rotem Sandstein bestehende Eingangstor und vor uns erstreckt sich die noch in Nebelschwaden gehüllte, marmorweiße Fassade des Taj Mahal. Das gesamte Gebäude besteht aus Ziegeln, welche dann mit weißem Marmor verkleidet wurden. In den Marmor sind kunstvoll rote, grüne, schwarze und goldene Steine aus verschiedenen Teilen der Welt eingearbeitet. Der muslimische Großmogul Shah Jahan ließ den Bau zum Gedenken an seine im Jahre 1631 verstorbene große Liebe Mumtaz Mahal erbauen. Das gesamte Gelände sowie der Taj Mahal selbst sind extrem symmetrisch gestaltet. Die einzige Unsymmetrie stellt das Grab des Großmogul selbst dar, welches sich neben dem seiner Frau inmitten des Hauptgebäudes befindet. Ein wirklich gigantisches Bauwerk, wie wir finden, und definitiv eines der Highlights unserer Zeit hier in Indien.
Nach einem herzhaften Frühstück in Aurangabad, machen wir uns auf den Weg zum Bahnhof. Das "Parcel Office", wo unsere Räder laut SMS angekommen sind, ist geschlossen. Uns fallen ca. 30 Kisten auf, aus welchen lautes Piepsen zu vernehmen ist. Jede Kiste enthält etwa 60 Küken. Irgendjemand hat via Eisenbahn also 1800 Küken verschickt, welche gerade mit uns auf das Erscheinen des Zugpersonals warten. Gegen 11 Uhr erhalten wir unsere Fahrräder zurück und können diese auch ohne große Umstände sofort wieder für den nächsten Zug nach Agra einchecken. Als ca. 2 Stunden später der Zug einfährt, überprüfen wir diesmal gleich, ob unsere Fahrräder verladen werden. Die Zugfahrt selbst führt uns 1400 km nordwärts und dauert etwa 21 Stunden. Wir kommen gut und ausgeschlafen in Agra an, wo uns 30 Sekunden nach Betreten des Bahnsteiges bereits unsere Fahrräder präsentiert werden. Bevor wir diese jedoch beladen dürfen, müssen diese noch ausgecheckt werden. Zu unserem Bedauern mussten wir feststellen, dass eines der Fahrräder während des Transportes beschädigt wurde. Auf Nachfrage, wer für diesen Schaden aufkommt, ist niemand verantwortlich bzw. kann plötzlich kein Mensch mehr Englisch. Wir verlassen nach einer erfolglosen Diskussion das Bahnhofsgelände und machen uns auf den Weg zu "Joey's Hostel" in der Nähe des Taj Mahal, wo wir beginnen, die entstandenen Schäden zu beheben.
Da unsere Fahrräder noch in Pune sind, nehmen wir uns in Aurangerbad ein Hotel in der Nähe des Bahnhofes und beschließen nichtsdestotrotz den Kailasa Tempel zu besuchen. Er liegt etwa 30 km nordwestlich entfernt. Wir leihen uns ein Motorrad und gliedern uns in den indischen Straßenverkehr ein. Die ersten 5 km sind etwas schwierig, aber dann beginnt das Motorradfahren auf indischen Straßen richtig Spaß zu machen. Angekommen beim Tempel umströmen uns unzählige Straßenverkäufer, was in Indien auf einen stark frequentierten touristischen Ort hindeutet. Der Kailasa-Tempel von Ellora ist der größte vollständig aus einem natürlichen Felsvorsprung heraus gehauene Felsentempel Indiens. Er liegt im Zentrum der insgesamt 34 Bauten umfassenden Tempel- und Wohnhöhlenkomplexes von Ellora und ist etwa 1200 Jahre alt. Eine wahrlich einmalige Anlage, welche wir zusammen mit hunderten anderen Touristen dort durchwandern können. Um alle Tempel- und Wohnhöhlen besuchen zu können, würden wir womöglich mehrere Tage benötigen. Nach ca. 4 Stunden brechen wir zurück nach Aurangabad auf, um dort zu erfragen, ob unsere Fahrräder in Pune korrekt verladen wurden. Am nächsten Morgen um 5:30 Uhr weckt uns die erleichternde SMS, dass unsere Fahrräder bereits in Aurangabad eingetroffen sind.
Da wir unsere Tickets für die Züge leider nicht selbst bezahlen können, bitten wir einen indischen Freund, die Buchungen für uns durchzuführen. Angekommen am Bahnhof in Pune werden wir erst einmal von Personen erdrückt. 2 Leute betteln um Geld, während mir eine Frau einen roten Punkt auf die Stirn malt und parallel 3 Taxifahrer fragen, wohin wir denn wollen. Glücklicherweise ist das "Parcel Office", bei welchem wir unsere Fahrräder für die Zugfahrt abgeben müssen, etwas abgelegen und somit sind wir von dem Trubel am Bahnhofsplatz etwas abgeschirmt. Nach ca. 2 Stunden sind unsere Räder dann „verpackt“ und für den Zug nach Aurangabad gebucht. Nach kurzem Suchen finden wir unseren Zug und mit der Hilfe von ein paar Indern auch unsere angedachten Plätze. Im Zug werden Laken und Decken für die angedachten Schlafplätze bereitgestellt. Insgesamt ist der Zug zwar alt, aber sauber und in einem guten Zustand. Wir haben eine sehr angenehme Zugfahrt. Am nächsten Morgen kommen wir mit einer Stunde Verspätung am Bahnhof in Aurangabad an. Leider haben es unsere Räder nicht in denselben Zug geschafft. Nach ein paar Telefonaten der Beamten in Pune ist klar, dass unsere Fahrräder ungünstigerweise immer noch an Ort und Stelle stehen, wo wir sie verlassen haben. Uns wird versichert, dass diese mit dem nächsten Zug am nächsten Morgen mitgeliefert werden.
Wir brechen von Arambol aus auf und erreichen bereits nach 1 Stunde Fahrzeit den nächsten Bundesstaat Maharashtra. Plötzlich sehen wir keine weißen Gesichter mehr und auch Straßen und Infrastruktur erinnern mehr an die Landschaft in Karnataka. Die vorherrschende Landessprache wechselt schlagartig von Englisch auf Hindi, was die Verständigung für uns etwas erschwert. Wir folgen für ein paar Tage der NH66 nordwärts, bevor wir über eine Bergkette in Richtung Kolhapur nach Osten auf die Schnellstraße NH48 abbiegen. Zwischen diesen beiden Hauptverbindungsstraßen passieren wir das erste Mal in Indien Regionen und Ortschaften, in welchen wirklich ärmliche Verhältnisse herrschen. Wir werden von den Menschen zumeist herzlich begrüßt und für die meisten Bewohner stellen wir mit unseren Fahrrädern wohl ein echtes Rätsel dar. Sich mit dem Fahrrad fortzubewegen, machen eigentlich nur die Menschen, welche sich kein Motorrad leisten können. (Ein Fahrrad kostet in Indien etwa 5000 Rupie = 65 €) Immer wieder hören wir dieselben Fragen: "Wo kommst du her? Wo gehst du hin? Warum mit dem Fahrrad?". Je länger wir in Indien sind, desto mehr kennen wir die Preise und werden somit besser im Verhandeln. 10 % bis 20 % Preisnachlass sind eigentlich immer möglich. Nach etwas mehr als einer Woche im Sattel erreichen wir Pune, wo wir einen Zug nach Aurangabad und dann weiter nach Agra nehmen wollen.
Während unserer Pause stellt sich so etwas wie ein Alltag ein. Wir gehen gemeinsam am Strand laufen, machen anschließend unseren täglichen Ausflug zum Markt in Arambol und frühstücken im Anschluss zusammen mit den restlichen Konsorten des NoName-Hostels. Am Nachmittag helfen wir mit, Sachen für die "Juggling and flow convention" aufzubauen. Gibt es dort gerade nicht viel zu tun, sind wir am Strand oder im "Gemeinschaftsraum", eine überdachte Terasse im 2. Stock. Nach einer Ayurveda-Massage und einem herzhaften Abendessen bei Kerzenschein am Strand von Goa, fühlt sich unsere Zeit hier plötzlich wie ein kleiner Luxusurlaub an. Zu unserem Erstaunen werden nach und nach Teile des NoName-Hostels abgebaut und in der Nähe des "La Vie En Rose" Hotels, bei welchem das Event stattfinden soll, wieder aufgebaut. Wir denken uns erst einmal nichts dabei.
Als dann so gut wie alle freiwilligen Helfer auch nach "La Vie En Rose" umziehen, wird es still im Hostel. Einen Tag bevor wir wieder aufbrechen wollen, wird uns mitgeteilt, dass das NoName-Hostel bereits vor 10 Tagen umgezogen sein sollte, es leider verpasst wurde uns mitzuteilen und wir bitte bis heute Abend ausziehen müssen. Wir bitten Ankit und Ava um eine Erklärung, diese wollen oder können uns aber nicht so recht mitteilen, was eigentlich passiert ist. Wir verhandeln darum kurzerhand mit William, dem Grundstückseigentümer, um eine weitere Nacht bleiben zu dürfen. Unser Paket mit ein paar Ersatzteilen hat es bedauerlicherweise noch nicht bis zu uns nach Goa geschafft und so tauschen wir mit William unsere Kontaktdaten aus. Sollte das Paket bei ihm in Goa ankommen, wird er uns informieren. In der Früh des 30sten Novembers schieben wir unsere voll bepackten Fahrräder nach "La Vie En Rose" und verabschieden uns von vielen Menschen, die wir über die letzten zwei Wochen lieb gewonnen haben. Danach brechen wir in Richtung Norden auf.
Unser nächstes großes Ziel: Grenze Nepal.
Nach kurzer Suche finden wir das neue "NoName Hostel" in Arambol, Goa. Es liegt etwas versteckt zwischen anderen Ferienresorts und ist nur über einen Vorhof anderer Gebäude zu erreichen. Da wir unsere Ankunft bereits mehrere Tage vorher angekündigt hatten, werden wir von Ankit im Hof empfangen. Während ein paar Scheiben Wassermelone und ein paar Joints lernen wir alle derzeitigen Mitglieder des NoName Hostels kennen. Zum Zeitpunkt unserer Ankunft sind das:
- Ankit, kommt aus der Nähe von Delhi und ist der Leiter des Hostels
- Ava, kommt aus Berlin, ist seit 3 Jahren im Hostel und hilft bei der Leitung
- Mara, kommt aus Berlin und ist seit 4 Tagen als Gast hier
- Owaiz, kommt aus Banglore und ist seit 2 Wochen als freiwilliger Arbeiter im Hostel
- Romi, kommt aus Israel und ist seit 2 Wochen Freiwilligenarbeiterin
- Phillip, kommt aus Norddeutschland, ist seit 3 Wochen Gast im Hostel
- Rajan und Manu, kommen aus Nordindien, arbeiten freiwillig im Hostel
- Zaki, kommt aus Kochi und ist als Freiwilliger im Hostel
Das Hostel befindet sich wirklich noch stark im Aufbau. Es gibt noch keine wirklichen Räumlichkeiten und so schlagen wir unser Zelt einfach im Hof auf. Die Bar, zwei der 6 Hütten und ein Gemeinschaftsraum sind bereits teilweise nutzbar. Es gibt fließend Wasser, meistens Strom und sehr viele Sachen, welche durch den Umzug aus dem alten NoName Hostel noch keinen Platz gefunden haben. Während tagsüber mit den Freiwilligen an den Örtlichkeiten der Unterkunft weitergebaut wird, wird Mittags und Abends gemeinsam gekocht. Wir beteiligen uns teils an den Bauarbeiten als auch beim Einkaufen und Kochen. Bis die indische Gelassenheit beim Thema Zeitplan bei uns ankommt, dauert es ein paar Tage.
In ca. 2 Wochen wird ein großes Event "Juggling and flow convention" ausgerichtet, das am Strand von Arambol stattfindet. Wir helfen beim Aufbau der Standgerüste, welche aus Holz und Bambus bestehen, sowie beim Umbau der Bühne mit. Parallel warten wir immer noch auf Post aus Deutschland, welche hoffentlich die nächsten Tage hier eintreffen wird.
Langsam spielt sich bei uns ein Rhythmus ein. Aufstehen, 1h Fahrradsattel, Frühstück, 2h Fahrradsattel, Kokosnuss oder Zuckerrohrsaft trinken, 2h Fahrradsattel, Hotel suchen, Abendessen, Schlafen. Unterbrochen wird unser Tagesablauf eigentlich nur durch Gespräche mit Einheimischen oder kurzen Strandaufenthalten. Die Strände sind meist ein paar km von der Hauptstraße entfernt und kaum touristisch genutzt. Diese wirken gegenüber der stark befahrenen und bebauten Hauptstraße entlang der Westküste geradezu gespenstisch leer. Wir essen zumeist in Restaurants und versuchen dabei darauf zu achten, dass diese von Einheimischen gut besucht sind. Ein typisches Frühstück heißt Masala Dosa, was ein herzhafter Reis-Linsen-Pfannkuchen mit Kartoffelfüllung und leicht scharfen Soßen ist. Dieser kostet größtenteils um die 50 Rupien (60 ct). Zum Abendessen probieren wir uns langsam aber sicher durch die indische Küche. Wenn wir unschlüssig sind, essen wir vorwiegend Thali, ein bunter Teller mit Reis, Brot und mehreren Soßen. Im Allgemeinen gibt es in Indien sehr viele rein vegetarische Restaurants und bei jenen, die Fleisch anbieten, füllen die vegetarischen Variationen gut die Hälfte der Speisekarte. Ein wahres Paradies für uns. Immer wieder kreuzen kleinere Obstmärkte unseren Weg, bei welchen wir gerne Bananen, Papayas, Sitafrüchte oder auch eine Ananas mitnehmen. Unser nächstes Ziel ist das "NoName Hostel" in Arambol in Goa.
Von Kochi geht unsere Reise jetzt weiter nordwärts entlang der Westküste. Überwiegend sind wir auf der NH66 unterwegs, die mal kleiner und ruhiger, meist aber 2 bis 4-spurig ausgebaut und mehr befahren ist. Innerhalb der ersten Woche durchqueren wir den ersten Bundesstaat 'Kerala', danach geht es weiter durch Karnataka. Wir passieren kleinere Städte wie Kozhikode, Kannur, Mangaluru, Udupi und Murudeshwara. Vor Indien war unser Ziel immer Städte am Nachmittag möglichst zu vermeiden, damit wir rechtzeitig für die Schlafplatzsuche wieder ein Stück außerhalb sind. Jetzt hat sich das umgekehrt. Umso größer der Ort, umso besser die Hotelauswahl und die Chance für weniger Geld eine passable Unterkunft zu finden. Die ersten Tage in Kerala waren wir etwas überrascht wie stark das Land besiedelt ist. Wir wussten ja, dass in Indien sehr viele Menschen leben, aber dass man kaum ein freies Stück Land sieht, wo man auch evtl. mal ein Zelt hinstellen könnte, übertraf unsere Vorstellungen. Mittlerweile hat sich das Landschaftsbild aber bereits wieder etwas verändert und unser Einblick sich korrigiert. Karnataka zeigt sich uns mit viel mehr Hügeln und kleinen Bergen und dementsprechend auch mehr freien Flächen. Parallel informieren wir uns digital über die Lage und auch Probleme des Landes. Die mangelnden Kenntnisse und damit der Umgang mit Plastikmüll durch die breite Bevölkerung sehen wir tagtäglich. Nicht nur Straßenränder, auch Felder und Flüsse sind oft bunt besprenkelt mit Mengen an nicht kompostierbarem Material. Zusätzlich erfahren wir aber auch mehr über die riesige Problematik bezüglich Wasser. Neben der Verschmutzung zahlreicher Flüsse führen längere Trockenperioden und weniger Niederschlagsmengen zusätzlich sogar zu Wassermangel! Kaum vorstellbar, wenn wir jeden Tag über hundert Meter lange Brücken queren, doch das Land ist einfach gigantisch groß und beherbergt fast ein Sechstel der ganzen Menschheit. Auch sauberes Trinkwasser ist hier manchmal ein Luxusgut. Des Öfteren sehen wir Tanklaster in den Ortschaften, die die Häuser damit versorgen. Die Thematik hört man daheim auch mal im Fernsehen, aber es hier hautnah mitzuerleben ist nochmal anders. Eine sehr prägende Zeit auch für unsere Reise, man kommt sehr viel zum Nachdenken.
Trotzdem nehmen wir natürlich die schönen Seiten dieses Landes wahr. Wir genießen die kilometerlangen Sandstrände mit Kokosnuss-beladenen Palmen und besuchen den Sri-Murudeshwara-Tempel sowie die riesige Shiva-Statue direkt am Meer.
Indien. Anderes Land, anderes Klima, andere Menschen. Das braucht erstmal etwas eingewöhnen. Es ist das erste Mal auf dieser Reise, dass wir eine so große Strecke in so kurzer Zeit überwinden. Mit Radlfahrgeschwindigkeit hatten Kopf und Körper immer genügend Zeit alles zu verdauen und anzupassen. Jetzt ändert sich unsere Umgebung innerhalb nur weniger Stunden sehr stark.
Am 31.10. flogen wir von Dubai nach Kochi, Bundesstaat Kerala. Die Einreise klappt schnell und reibungslos und auch unsere Räder haben alles gut überstanden. Wir glauben, wir waren die einzigen ausländischen Gäste von AirIndia. Eigentlich hatten wir geplant unsere Fahrräder nach Ankunft gleich wieder zusammen zu bauen und selbst in unser Hotel zu fahren. Ein Blick zum Nachthimmel mit strömenden Regen und Gewitter hat uns dann aber doch umgestimmt. Das ist der erste Regen seit etwa 2-3 Monaten unserer Reise! Die feuchtwarme Luft um die 30 °C bringt uns auch gleich zum Schwitzen, aber wenigstens sind hier kurze Hosen kein Tabuthema mehr.
Den ersten Tag verbringen wir noch gemütlich in einem günstigen Hotel. So haben wir etwas Zeit unsere Räder zu montieren, Geld zu wechseln und das neue Land auf uns wirken zu lassen. Ab dann geht's auf ins Chaos! ...anders können wir den Verkehr hier leider nicht beschreiben. Alles ist hier auf der Straße unterwegs und davon sehr viele. Auto, Busse, Lastwägen, Fußgänger, Radler etc. und alle Lücken dazwischen werden dann mit Mopeds und Tuk Tuks aufgefüllt. Auf der zweispurigen Straße haben auch locker 4-5 Fahrzeuge nebeneinander Platz. Busse fahren grundsätzlich nur auf der 'Überholspur', ob frei ist oder nicht. Dazu noch der Grundsatz ständig zu hupen und perfekt ist der Trubel. Es macht eigentlich auch Spaß hier mal mitzumachen, nur ist es etwas anstrengend und an die massive Lautstärke muss man sich erst noch gewöhnen.
Innerhalb der ersten 2 Tage sind wir nur einmal angefahren worden und Zuschauer von einem kleinen Unfall gewesen. Landschaftlich explodiert es hier. Alles ist auf einmal grün oder unter Wasser. Stärker könnte der Kontrast zur iranischen Wüstenlandschaft nicht sein. Wir genießen die große Auswahl an exotischen Früchten und haben bereits unsere tägliches Kokosnuss-Ritual eingeführt.
Unsere Art zu Reisen ändert sich mit den Gegebenheiten. Trinkwaser müssen wir ab jetzt kaufen. An Camping ist aufgrund der starken Besiedlung leider nicht mehr zu denken, sodass wir täglich nach günstigen Hotels Ausschau halten. Auch unsere Kochausstattung fährt die erste Woche komplett ungenutzt mit. Ein sehr gutes Abendessen für uns beide kostet uns dafür nur etwa 3-4 €, inklusive Getränke und Trinkgeld.
Unser letzter Tag im Iran beginnt um 6 Uhr in der Früh. Noch ein letztes Mal durften wir die iranische Gastfreundschaft genießen und verlassen mit Essensgeschenken und guten Wünschen begleitet das Haus der Familie. Zum Hafen sind es etwa 10 km und bereits auf der Fahrt treffen wir auf einen weiteren Radreisenden, Ivan aus Frankreich. Er bleibt allerdings nicht der einzige, sodass wir auf der Fähre sodann eine Gruppe von 7 Reisenden auf die andere Seite des persischen Golfes sind. Es wird eine lustige und unterhaltsame Fahrt. Zudem ist es eine wunderbare Abwechslung nach tagelanger Fahrt durch Wüstengegenden wieder soviel Wasser zu sehen. Wir genießen die Fahrt und verabschieden uns gleichermaßen wehmütig und erleichtert von der zwiespältigen Situation im Iran.
Wenngleich die VAE für uns nur ein Zwischenstopp sind, ist die Anfahrt per Fähre doch sehr beeindruckend. An der Küste entlang ragen unzählige riesige Gebäude aus dem Boden. Einige mehr prunkvoll als andere. Ein krasser Reichtumsunterschied zu unserem vorherigem Reiseland, das sieht man sofort. Der Reichtum in Dubai macht sich für uns auch in den Hotelpreisen bemerkbar, ein weiterer Grund für einen nur kurzen Aufenthalt unserer Reise. Die Ankunft gestaltet sich etwas langwieriger als gedacht. Wir sehen nicht ganz den Hintergrund für die lange Wartezeit oder verstehen das Verwaltungschaos, aber nach ca. 2,5 Stunden konnten wir dennoch problemlos unseren Stempel erhalten und einreisen. Es ist fast 21 Uhr und wir beschließen zusammen mit Ivan einen Zeltplatz für die erste Nacht in Dubai zu suchen. Klingt komisch, ist aber so. Und erspart schonmal Geld für die erste Übernachtung. Wir steuern zuerst einen nahegelegenen Park an, auf unserer Karte grün eingezeichnet. Allerdings ist dieser ziemlich gut ausgeleuchtet und auch stark von Einheimischen besucht. Auch auf den Stufen der dortigen Freilichtbühne dürfen wir nicht bleiben. Mit schon weniger Hoffnung machen wir uns auf den nächtlichen Straßen in Dubai auf den Weg zum nächsten Fleckchen Grün. Tatsächlich haben wir schon nach wenigen Metern Glück. Direkt neben der Hauptstraße ist eine Baustelle und dahinter etwas weniger einsichtig ein freier, betonierter Platz. Teppich ausgerollt, Matte draufgelegt und fertig. Tatsächlich stört unser Aufenthalt dort niemanden und wir können eine 'ruhige' Nacht verbringen. Nur die feuchte Hitze ist für uns noch ungewohnt, auch in der Nacht hat es nicht unter 24 °C abgekühlt.
Nach einem scharfen Frühstück beim Inder und einer Runde Hotelsuche im McDonalds-Wlan haben wir einen groben Plan für die kommenden Tage. Wir bringen unsere Fahrräder zum Hotel und fahren mit der Metro zur Dubai Mall. Wenn wir schon mal hier sind, lassen wir uns von den Eindrücken der Öl-Metropole berieseln. Wir stiefeln durch das riesige Einkaufszentrum mit integriertem Aquarium und Wasserfall, versuchen die Spitze des (noch) größten Gebäude der Welt zu erspechten und organisieren uns Boxen für unseren Radl-Transport. Der zweite Tag besteht v.a. daraus, alles für unseren Flug zu organisieren, abzuklären und Gewicht zu reduzieren. Mittlerweile gibt es doch schon paar zerschlissene Klamotten, die nicht mehr weiter mitfahren müssen.
Unseren letzten Dubai-Tag verbringen wir entspannt. Ivan ist bereits weitergereist, doch zusammen mit dem französischen Pärchen Jessica und Anaïs sowie Raphael aus Montreal genießen wir einen halben Tag am Strand. Hier kann man alle möglichen Farben und Formen sowie Charaktere des menschlichen Daseins bestaunen, besser als jeder TV-Sender 😉 Auch das Abendprogramm der Stadt hat einiges zu bieten. In unserem Hotel entdecken wir 8 verschiedene Nachtclubs. Die arabischen, bengalischen, südindischen, pakistanischen... Tanzshows sind zwar nicht ganz das Unsere, trotzdem lässt sich unsere Gruppe den Spaß nicht nehmen, mal jedes 'Türchen' zu öffnen.
Nachdem wir es bis hierher (ausgenommen der Fähre und der Busfahrt) fast ausschließlich mit unserer eigenen Körperkraft geschafft haben, müssen wir nun zum ersten Mal auf das Flugzeug zurückgreifen. Pakistan zu durchfahren ist uns zu unsicher und Fähren gibt es leider keine nach Indien. Unsere Radl haben wir innerhalb 2 Stunden weitestgehend zerlegt und in große Kartons gut verpackt. Beide etwas erkältet durch den Wechsel von schwüler Hitze zu unterirdisch-kalt-klimatisierten Hotelräumen stehen wir am 31.10. startklar mit ca. 92 kg Gesamt-Gepäck am Flughafen.
Unsere Fahrt geht weiter Richtung der Wüstenstadt Yazd. Der Wind steht gut und die Strecke verläuft erst stark, dann abflachend abwärts, sodass wir schnell vorankommen. Die Landschaft ist sehr weitläufig und karg - eine Wüste. Man kann kilometerweise geradeaus den Straßenverlauf sehen bzw. könnte man. Die Luft is voll mit Sand und Staub, sodass die Sicht verkürzt wird. Trotzdem ist es angenehm zu fahren, die Temperaturen bewegen sich um die 26 °C und es ist trocken. Am frühen Nachmittag erreichen wir bereits Yazd und treffen auf der Suche nach einer Unterkunft auf zwei Autoreisende aus Deutschland. Das Hotel, indem sie bleiben, ist günstig und in Ordnung, weshalb wir uns gleich anschließen. Die Nacht kostet für ein Doppelzimmer mit Bad 10€. Yazd ist eher eine ruhige Stadt und nochmal wärmer als Isfahan. Uns gefällt vor allem der Wüsten-Charme. Die Altstadt besteht aus vielen, engen Gassen, wobei oft nur ein Auto gerade noch so durchpasst oder eben auch nicht. Die Hauswände sind gemauert und mit Lehm/ Lehm-Stroh verputzt, meist nur ein bis zwei Stockwerke hoch. Alles ist irgendwie einheitlich sandfarbig. Von den Dachterassen aus überblickt man das Gassengewusel und erlebt die Stadt auf einer "zweiten Etage". Fast jedes Haus hat eine Dachterasse oder man sieht dort die alten Windtürme (quasi mechanische Klimaanlagen).
Wir besuchen den zoroastrischen Feuertempel. Die Anlage ist leider eher klein und wenig beschrieben, wir haben uns bei dem Eintrittspreis etwas mehr erhofft. Die Jameh-Moschee hinterlässt bei uns deutlich mehr Eindruck. Schön anzusehen und lustigerweise mit einem ca. 200 l Teekessel ausgestattet. Ansonsten genießen wir v.a. die Restaurants auf den Dächern. Typisch iranisch gibt es dort keine Stühle und Tische, stattdessen isst man auf erhöhten mit Teppich ausgekleiden Flächen im Schneidersitz.
Wir haben eine gute Zeit im Iran und glücklicherweise noch keine schlechten Erfahrungen gemacht. Trotzdem sind wir wachsam, die Situation ist angespannt und die Willkür der Regierung schwer abzuschätzen. Am zweiten Abend erreicht uns die Nachricht eines Radreisenden. Er wurde auf seiner Fahrt im Iran verhaftet und berichtet von seinen Erlebnissen. Es gab keinen Grund für die Festnahme und viel Ungewissheit. Zum Glück ist er bereits wieder frei und konnte das Land verlassen. Er warnt andere Reisende bzw. empfiehlt den Iran momentan zu meiden.
Wir machen uns viele Gedanken. Dass auch Touristen ohne weitere Beweislage festgenommen wurden z.B. wegen 'Spionageverdacht' kam uns schon die vorherigen Wochen teils zu Ohren. Bis dato aber meist aus eher unsicheren Quellen. Keiner wusste genau wie wo was wirklich los war und dass die Lage aktuell nicht ganz einfach ist, wussten wir ja schon. Diesmal war die Nachricht allerdings real und greifbar. Wir beschließen unsere Reise im Iran abzukürzen und das Land zu verlassen. Es ist sehr schade. Die Menschen hier sind so unglaublich gastfreundlich und wir hätten gerne noch das Zagros-Gebirge, Shiraz und die persische Küste bereist. Vielleicht ja ein anderes Mal, momentan ist es uns zu unsicher. Am 25.10. nehmen wir den Bus direkt in den Süden nach Bandar Abbas. Die Fahrräder werden im Gepäckfach verladen. Die Bustickets zusammen mit dem Preis fürs 'Gepäck' kosten uns gut 20€ für eine knapp 12h- Fahrt über etwa 650 km.
Auf der Busfahrt lernen wir Ali kennen und wie wir es bereits oft erleben durften, lädt er uns zu sich nach Hause ein. Für uns ein Glückstreffer. So müssen wir nach Ankunft nicht mitten in der Nacht in einer fremden Stadt einen Schlafplatz suchen. Wie wir die Iraner kennen, werden wir von der ganzen Familie begrüßt, mit Essen versorgt und sie helfen uns sogar unsere Fährentickets zu organisieren. Auch die zweite Nacht, bis unsere Fähre nach Dubai startet, sind wir eingeladen. Unseren letzten Tag in diesem spannenden Land dürfen wir somit ganz im Sinne der iranischen Gastfreundschaft im Kreis unser Gastfamilie ausklingen lassen.
Am 17.10. brechen wir auf und verlassen Isfahan entlang des ausgetrockneten Zayandeh (Fluss). Kurz außerhalb der Stadt werden wir von einer Polizeistreife angehalten und müssen mit auf die Wache. Nachdem der Dolmetscher eingetroffen ist, lassen sich die Beamten davon überzeugen, dass wir harmlose Touristen sind und wir können unsere Reise nach einer etwa 1,5-stündigen unbeabsichtigten Pause fortsetzten.
Wir beschließen in Varzaneh eine Nacht zu verbringen und dort unsere Vorräte für die Fahrt Richtung Yazd und durch die Wüste auf ein Maximum aufzustocken. Von Varzaneh gibt es eine kleine Straße, welche quer durch die angrenzende Wüste nach Nadushan führt. Nadushan ist etwa 120 km von Varzaneh entfernt, sodass wir Wasser und Essen für 2 Tage mitführen müssen. Ein Radreisender, welchen wir in Isfahan kennen gelernt hatten, hat uns berichtet, dass die Strecke gut zu fahren sei und wir in einer alten, aber gut erhaltenen Caravanserai übernachten könnten.
Am ersten Wüstentag hatten wir mit sehr starken, konstanten 40-60 km/h Seitenwind zu kämpfen. Trotz sehr guter und gerader Straße benötigten wir für die 60 km über 6 Stunden und kamen ziemlich abgestrampelt in der Caravanserei an. Ein wirklich imposantes Gebäude, welches sogar eine eigene Quelle besitzt, in der wir uns waschen konnten. Am zweiten Tag war der Wind kaum noch zu spüren und wir bewältigten die weiteren 60 km in etwa der Hälfte der Zeit. Das Hostel, welches wir in Nadushan anpeilten, erwies sich als kleine aber feine Burg, die wir in dieser Nacht ganz für uns alleine hatten. PS: Eine eigene Burg für 2 Personen mit Abendessen und Frühstück ist im Iran derzeit für ca. 13 € pro Nacht zu bekommen 🙂
Dank Rückenwind und der leicht abwärts verlaufenden Straße erreichten wir an diesem Tag in Turbogeschwindigkeit die ehemals persische Hauptstadt Isfahan. Noch vor 13 Uhr konnten wir nach 80 km Fahrstrecke im 'Heritage Hostel' einchecken. Zwei Dinge sind uns bereits bei der Anfahrt aufgefallen. Zum einen veränderte sich die Stadt innerhalb der letzten ca. 30 km kaum mehr. Wir hatten weniger das Gefühl durch eine Großstadt als vielmehr durch ein sehr langgezogenes Dorf zu fahren. Die meisten Häuser haben maximal 2 Stockwerke und die Straßen sind voll mit Shops, Händlern und chaotischem Verkehr wie überall 😉 Zum Anderen zieht sich durch die Stadt ein riesiger Fluss. Viele bekannte und wirklich schön gebaute Brücken aus lang vergangener Zeit führen darüber. Das Einzige was leider komplett fehlte, ist das Wasser. Seit gut 20 Jahren liegt der Fluss über den Großteil des Jahres komplett trocken. Bereits hier bemerken wir nun, dass wir uns stetig weiter in die Wüstenregionen des Irans bewegen.
Isfahan selbst hat viele schöne Bauwerke zu bewundern. Wir bleiben knapp 4 Tage hier und besuchen einige davon, darunter die Imam-Moschee, die Vank Kathedrale sowie die Khaju- und die 33-Bogen-Brücke. Den Naqsh-e-Jahan-Platz mit dem umliegenden Basar besuchen wir gleich mehrmals und lassen uns dort von den unzähligen Läden voll mit Süßigkeiten, Teppichen, Handwerkskunst und anderen Souvenirs bezaubern. Von Hamed (19) und seiner Familie, auf die wir zufällig in der Stadt getroffen waren, werden wir kundig geführt und bei den Süßigkeiten beraten. Mit der lebenslustigen und gastfreundlichen Familie dürfen wir zudem einen Abend in ihrem Zuhause verbringen.
Die restliche Zeit verbringen wir hauptsächlich in unserem Hostel. Neben dem Luxus in einem richtigen Bett zu schlafen, heiß zu duschen sowie seit langem wieder eine stabile Internetverbindung zu haben, genießen wir das bunte Treiben und die Gesellschaft in dieser internationalen Herberge. Hier tummeln sich Reisende, Arbeitende und Kurzzeitbesucher aus der ganzen Welt. Wir bekommen viel Input für unsere weitere Reise, haben tolle Gespräche und Begegnungen und auch endlich mal wieder eine Gitarre zum musizieren.
Auf unserer Strecke Richtung Isfahan grüßen uns immer wieder viele Autofahrer. Manche bleiben stehen und wollen ein paar Worte wechseln oder ein Bild mit uns machen. Mohamed, welcher ebenfalls mit seinem Lieferwagen anhielt, bot an uns ein Stück mitzunehmen und anschließend bei ihm zu übernachten. Es war bereits Nachmittag und die Strecke führte bergauf, daher nahmen wir das Angebot dankend an. Seine Frau Akran und seine beiden Kinder erwarteten uns bereits mit einer warmen Mahlzeit. Wir erfuhren, dass vor wenigen Tagen zwei spanische Radfahrer ebenfalls bei Mohamed übernachtet hatten. Nach einer warmen Dusche durften wir die Waschmaschine für unsere Klamotten nutzen. Das war langsam auch mal wieder nötig. Am nächsten Morgen zeigten uns Mohamed und seine Frau noch ihre eigene Safran Farm. Sie erklärten uns, dass Safran eine sehr schnell wachsende Blume ist. Binnen 24 Stunden würde aus einem kleinen Ansatz eine voll blühende Blume entstehen. Nächste Woche würde die Erntezeit beginnen und die Familie könne pro 1000 m² Land etwa 1 kg Safran ernten. Zwischen den Safran Feldern finden sich viele Obstbäume, da die Blumen am besten im Halbschatten wüchsen. Ausgestattet mit genügend Obst der familiären Plantage traten wir am frühen Nachmittag unsere Weiterreise nach Isfahan an.
Nach einer spontanen Nacht in der Moschee von Shirin Su quittierte mein Tacho endgültig seinen Dienst. Wir beschlossen im nächsten größeren Ort (Kabudar Ahang) nach einer Reparaturmöglichkeit zu suchen. Als wir einen Elektroshop mit Löt-Equipment gefunden hatten, waren wir mit unseren Rädern sofort eine kleine Attraktion. Ein Iraner, der Englisch sprechen konnte, lud uns zum Mittagessen zu sich nach Hause ein. Auch seine Tochter sowie sein Bruder und dessen Familie konnten ein paar Worte Englisch und so ergab es sich, dass wir gefragt wurden, ob wir uns gemeinsam die Alisadr Höhle anschauen wollen. Wir hatten schon auf mehreren Straßenschildern gesehen, dass diese offensichtlich eine große Attraktion hier sein müsse und stimmten gerne zu. Die Alisadr Höhle steht zum Großteil unter Wasser und deshalb kann man sie nur mit dem Boot betreten. Wir verbrachten gut 2 Stunden in einer der atemberaubendsten unterirdischen Umgebungen, die wir je gesehen hatten. Angetrieben von Tretboten sowie zu Fuß erkundet man in der Alisadr Höhle etliche Jahrtausende alte Felsformationen und Tropfsteingebilde. Ein echtes Highlight unserer Reise. Nach der Rückfahrt gab es noch ein großes traditionelles Abendessen im Haus unserer Gastgeber, in welchem wir dann ebenfalls die Nacht verbringen durften. Am nächsten Morgen wurden wir natürlich nicht ohne tausende Essensgeschenke aus dem Haus gelassen. Die iranische Bevölkerung lässt sich wirklich gar nichts an mangelnder Gastfreundschaft nachsagen. Ein verbreiteter Spruch bei ihnen im Land ist: Wenn Touristen "nur" in der Moschee schlafen durften und nicht direkt zu einer Familie nach Hause eingeladen wurden, war es kein gastfreundlicher Ort. Dabei sind auch alle grünen Stadtparks hier für Jedermann zum Campen frei verfügbar und ein echter Luxus für uns.
Nach Tabriz fuhren wir weiter in Richtung Tehran durch die Städte Mianeh, Nik Pey und Zanjan. Wir erhielten entlang des Weges teilweise so viele Essensgeschenke, dass wir am Abend nicht einkaufen mussten. Fast jeden Tag wurden wir mehrfach zum Essen oder zum Übernachten eingeladen. Die Menschen im Iran begrüßen uns mit eine Gastfreundschaft, wie wir sie noch nirgendwo anders erlebt haben.
Im Kontrast dazu stehen die mit Gewalt geführten Proteste gegen die Regierung aufgrund der Ermordung eines Mädchens durch die Sittenpolizei, sowie die stetig zunehmende Zensur im Internet. Jeden Tag zwischen 16 und 24 Uhr ist der gesamte Iran offline. VPN-Tunnel funktionieren eingeschränkt bis gar nicht mehr. Die einzige Kommunikationsmöglichkeit nach draußen ist via E-mail. Viele Iraner mit denen wir gesprochen haben sind sehr unzufrieden und wütend auf das Regime und wollen eine Veränderung. Die aktuellen Proteste sind auch der Grund dafür, dass wir Teheran leider auslassen werden. Unsere weitere Route führt uns deshalb direkt nach Isfahan, wobei wir Städte wie Hamedan und Arak passieren.
Wir haben uns vorgenommen noch vor dem Frühstück Tabriz zu erreichen und so wurde es ca. 11 Uhr bis wir endlich einen geeigneten Park für unsere Mahlzeit fanden. Im Park kam schon bald eine Frau auf uns zu und bot an mit ihrem Neffen zu telefonieren, da er Englisch spricht. Spontan verabredeten wir uns mit diesem am großen Basar und erhielten eine erstklassige Führung durch diesen sowie einen Blick in den "Backstagebereich" eines Teppichhändlers. Zum Abschluss zeigte er uns noch einen kostenlosen Campingplatz inmitten der Stadt. An selbigem Abend trafen wir dann zufällig wieder auf Moritz und Thibaut, welche bereits am Vortag in Tabriz angekommen waren. Wir beschlossen gemeinsam am nächsten Tag mit einem Taxi nach Kandovan, ein ca. 800 Jahre altes Felsendorf ca. 60 km südlich von Tabriz, zu fahren. Die Fahrräder ließen wir an der Touristeninfo, welches für uns die Fahrt organisierte. Wir hatten ein eigenes Taxi für ca. 4 Stunden, was uns insgesamt 12 € kostete. Die Gebäude in Kandovan sind wirklich sehenswert und der Ausflug hatte sich auf jeden Fall gelohnt. Zurück in Tabriz gingen wir noch typisch iranisch Essen und ließen den Abend mit noch weiteren Reisenden entspannt ausklingen.
Angekommen in Marand kauften wir uns eine SIM-Karte und wurden dabei von einem jungen Iraner angesprochen: Er kann uns bei der Beschaffung eines funktionierenden VPNs helfen. Nach einem Getränk in seinem Café lernten wir noch viele weitere Freunde von ihm kennen. Diese luden uns dann zu einer Party ein, welche am Abend stattfinden sollte. Außer uns beiden waren parallel noch zwei weitere Radreisende (Moritz-Deutschland und Thibaut-Frankreich) bei unserem Gastgeber Yasha untergekommen. Wir packten am Abend das Nötigste zusammen und fuhren zusammen mit seinen Freunden zu einem abgelegenen Campingplatz. Nach dem Aufbauen der Zelte und dem Entzünden des Lagerfeuers wurde eine Musikbox ausgepackt und die Hijabs der Frauen wurden abgenommen. Es wurde reichlich Alkohol ausgeschenkt und ehe wir uns versahen, feierten wir mit einer Schar wild gewordener junger Iraner durch die Nacht. Wir verbrachten den gesamten nächsten Tag am besagten Campingplatz und unterhielten uns sehr lange mit sehr interessierten jungen iranischen Menschen. Am Abend ging es zurück zu Yashas Haus, wo wir die Nacht verbringen durften.
Entlang des Grenzflusses zwischen dem Iran und Nachitschewan (Exklave von Aserbaidschan) folgten wir den Schildern Richtung Jolfa. Die erste Nacht verbringen wir an einem Ufer nahe der Stadt Siyahrud, welches von Einheimischen wohl des Öfteren zum Picknick genutzt wird. Kurz vor der Dämmerung trafen wir die erste iranische Familie, die uns dann gleich prompt zu sich nach Hause einlädt. Wir lehnen diesmal ab, da wir bereits alles aufgebaut haben. Im Allgemeinen winken uns sehr viele Autofahrer und rufen uns oft "Welcome to Iran" zu. In Jolfa können wir zu einem Kurs von 1 zu 7200 unsere Armenischen Dram in Rial wechseln. Es ist das erste Mal in unserem Leben, dass wir mit 62 Mio. (etwa 200 €) eine Wechselstube verlassen. Wir wissen gar nicht, wo wir die ganzen Scheine unterbringen sollen. Kurz vor Marand, wo wir uns eine SIM-Karte besorgen wollen, treffen wir auf ein paar Mitarbeiter der iranischen Zuggesellschaft. Wir frühstücken mit ihnen und sie zeigen uns anschließend, wie man mit 10 Männern verformte Bahnschienen wieder ausrichtet. Der Verkehr entlang der Straßen ist in Ordnung mit der lustigen Eigenschaft, dass es nun absolut keine Regeln mehr zu geben scheint. Am Nachmittag des 26.09 erreichen wir schließlich Marand.
Es ist so weit. Wir überqueren die Grenze von Armenien in den Iran. Am Grenzübergang ist die Beschilderung sehr mangelhaft oder es liegt daran, dass wir kein Wort lesen können... mit der Hilfe von einigen LKW Fahrern finden wir aber schließlich den Weg zu den entsprechenden Beamten und nach etwa 45 min sind wir auch schon durch. Direkt nach dem Grenzübergang wird man sofort von mehr oder weniger seriösen Geldwechslern belagert. Mit jedem Meter zwischen Grenzhaus und Hauptstraße steigen die Kurse und so entschließen wir uns erst in der nächsten größeren Stadt Geld zu wechseln. Nach einem kurzen Tratsch mit der lokalen Touristeninfo, welche aus einer zu groß geratenen Telefonzelle mit Tisch und Klimaanlage besteht, brechen wir frohen Mutes nach Jolfa auf. Bei etwa 26°C und einer leichten Briese genießen wir die raue, kantig braune Fels-Welt, mit der uns der Iran begrüßt.
Am nächsten morgen beschlossen wir die ungewisse Sicherheitslage endgültig hinter uns zu lassen und nochmal ein paar km zu trampen. Gesagt, getan. Um ca. 18 Uhr stiegen wir nach einer fast 3-stündigen LKW-Fahrt an einem Parkplatz zwischen Kapan und Kajaran aus. "Mehdi" war gerade wieder auf dem Weg in sein Heimatland Iran und hat uns fürsorglich auf der Fahrt mit Bier, Kaffee und Essen versorgt. Eine schöne erste Bekanntschaft für unser nächstes Reiseland.
Am nächsten Morgen ging es über ca. 1500 hm den Tashtun Pass hinauf. Das Wetter war uns wohl gesonnen und wir erreichten um ca. 15:30 Uhr die Passhöhe von 2550 hm. Eine gigantische Berglandschaft voll rauer, zerklüfteter und karger Felsen war die Belohnung für die letzten 16 Kilometer mit durchschnittlich 10 % Steigung. Zu unserem Glück gab es kurz vorher noch eine Trinkwasserquelle, sodass wir unseren Plan, am Pass zu übernachten, in die Tat umsetzten konnten. Am frühen Abend frischte es schnell ab und der bei Ankunft mäßige Wind wurde stetig stärker. Als es dämmerte, begann ich einen kleinen Schutzwall aus Steinen um unser Zelt zu bauen und das Gestänge mit zusätzlichen Schnüren zu verankern. Zusammengefasst hatten wir eine etwas unruhige Nacht mit Böen zwischen 60 und 70 km/h. Ein "Hoch" auf die Konstrukteure unseres Zeltes, welches in der Nacht wirklich interessante Verbiegungen vollführt, aber tapfer durchgehalten hatte 🙂
In unserer ersten Nacht im Zelt wurden wir unsanft durch mehrere Schüsse in der Nähe unseres Zeltes geweckt. Als wir dann begleitet von weiteren Schüssen eine Taschenlampe in der Nähe unseres Zeltes sahen, ergriffen wir die Flucht Richtung Hauptstraße. Es stellte sich jedoch heraus, dass der Schütze selbst beim armenischen Militär ist und in der Nacht für weitere aserbaidschanische Überfälle übe.
Am nächsten Morgen ging es über Lusashogh auf über 2000 hm und wieder bergab zum Hells Canyon, wo wir auch übernachteten. Die Tage waren dermaßen trocken und heiß, dass wir uns entschlossen das Zelt nicht aufzubauen und unter dem freien Sternenhimmel zu schlafen. Am nächsten Tag wollten wir testen wie schwierig es wirklich ist, in Armenien mit 2 Fahrrädern zu trampen und siehe da: Der erste LKW nahm uns prompt bis zum Vorotan Pass (50 km) mit. Dort angekommen wurde uns vom Militär mitgeteilt, dass wir hier nicht übernachten können. Auch ein paar km weiter wurden wir von Anwohnern darauf aufmerksam gemacht, dass es derzeit bedenklich ist hier zu übernachten. Die ganze Nacht über sahen wir in den angrenzenden Bergen Taschenlampen von Militärwachposten, die nach Feinden Ausschau hielten. Ein ungutes Gefühl, hier zu schlafen und demnach eine eher unruhige Nacht für uns.
Nachdem in der Nacht auf den 15.09.2022 ein Waffenstillstand zwischen Armenien und Aserbaidschan ausgehandelt wurde, beschlossen wir noch zwei Nächte in Yerevan zu bleiben und abzuwarten, ob dieser auch eingehalten wird. Es traf sich, dass mehrere Radreisende dasselbe Problem wie wir hatten und in Yerevan strandeten. Am Abend vom 16.09 wurde dann zusammen mit mehreren anderen Radreisenden in einer Kneipe in Yerevan unser weiteres Vorgehen geplant. Zwei Tage später brachen wir schließlich - diesmal in südöstlicher Richtung - zur iranischen Grenze auf. Beim Verlassen von Yerevan hatten wir nochmal einen traumhaften Blick auf den Berg Ararat. Nachdem wir ein paar Stunden gefahren waren, kamen wir in eine große Menschenmasse. Die Straße war provisorisch mit einem mit 5 Mann besetztem Lada abgesperrt worden. Dann sahen wir einen Pfarrer, einen Sarg, der von mehreren Männern getragen wurde und eine sehr sehr lange Schlange von Menschen, die dieser Prozession aus dem Dorf folgten. Wie wir erfuhren, wurden hier gerade mehrere Soldaten beerdigt, welche bei dem Angriff von Aserbaidschan zwei Tage zuvor ums Leben gekommen waren.
In Gawar wurde uns von den örtlichen Anwohnern mitgeteilt, dass die Kämpfe zwischen Aserbaidschan und Armenien entgegen der Erwartung wieder in vollem Gange sind und dass wir besser zurück nach Yerevan fahren sollen. Auch die örtliche Polizei riet uns das Gebiet zu verlassen. Wir beschlossen eine Nacht in der Nähe von Gawar zu Zelten und am nächsten Morgen Richtung Yerevan zurückzufahren. Gegen 21 Uhr sahen wir am gegenüberliegenden Seeufer mehrere Lichtblitze und große Staubwolken, welche rasant anwuchsen. Fast zeitgleich wurde in den Telegramm-Nachrichtengruppen von neuen Angriffen auf die armenische Grenze berichtet. Die Explosionen waren von unserem Zelt etwa 30 km Luftlinie entfernt. Wir entschlossen uns nicht abzuwarten, ob die Lage sich bessert oder weiter eskaliert, sondern die Flucht Richtung Yerevan zu ergreifen. Ein LKW, welcher die Soldaten nahe der Grenze mit Lebensmittel versorgt hatte, las uns auf und brachte uns in die armenische Hautstadt zurück, wo wir in der Nähe einer Autobahnbrücke die Nacht verbrachten.
Von Yerevan aus geht es ca. 80 km und 1000 hm entlang des „alten“ Highways hoch zum Seewansee. Nach den ersten 10 km aus Yerevan heraus begegnen uns kaum noch Autos und wir passieren entlang der Route nur noch kleine Dörfer. Entlang unserer Route sehen wir ständig Militärfahrzeuge, welche getarnt in irgendwelchen Gebüschen oder Seitenstraßen stehen. Viele Soldaten grüßen uns freundlich oder winken uns beim Vorbeifahren zu. Angekommen am See, bietet sich uns ein wirklich wunderschöner Anblick. Eingebettet in eine faszinierende Farbwelt liegt vor uns der tiefblaue Bergsee. Die Temperaturen liegen um 20 °C. Durch den Wind, welcher am See nahezu stetig weht, müssen wir uns relativ schnell wärmer anziehen. Wir fahren bis nach Gawar, wo wir eine neue SIM-Karte, sowie einige Lebensmittel für den Abend am See einkaufen wollen.
Yerevan ist ganz anders als wir erwartet hatten. Nachdem wir Wanadsor als eher nicht so schöne Stadt erlebt hatten, überrascht uns Yerevan nun extrem positiv. Wir haben ein Hostel im Zentrum der Stadt und können von dort aus alles super erreichen. Die Straßen sind sauber und überall findet man kleine Bars und Geschäfte. Es sind viele Musiker und andere Künstler in den Fußgängerzonen anzutreffen. Kleine Märkte wie z. B. die Vernissage bestechen mit ihrem Charme. Die Innenstadt bietet viele Parks, in welchen überall Trinkwasserspender mit Wasser ohne Chlor zu finden sind. Nur wenige hundert Meter von unserem Hostel entfernt findet eine mehrtägige Veranstaltung von Starmus VI mit Livemusik statt. Die Leute in den Geschäften und Lokalen sind höflich, aber nicht aufdringlich, wie wir es teils in Istanbul erlebt hatten. Kulinarisch ist auch echt was geboten. Für armenische Verhältnisse ist die Innenstadt von Yerevan aber eher ein teures Pflaster. Wir haben die Zeit hier sehr genossen und viel über die armenische Geschichte gelernt. Morgen geht es weiter in Richtung Sewansee.
Wir kommen am 10.09. am frühen Nachmittag in Yerevan an. Die Adresse des Hostels, welches wir vorher gebucht hatten, war erste einmal falsch. Nach längerem Suchen und der Hilfe einiger Passanten fanden wir schließlich unser Hostel, um dort zu erfahren, dass dieses seit geraumer Zeit nicht mehr in Betrieb ist. Auf der Suche nach einem anderen Hostel mussten wir leider feststellen, dass Google Maps in Armenien nicht der beste Anbieter für Kartenmaterial ist. Letzten Endes fanden wir doch ein kleines nettes Hostel, mit dessen Besitzer wir uns sofort gut verstanden. Während wir Yerevan erkunden, hoffen wir, dass wir von Airbnb das Geld für das nicht mehr existente Hostel zurückerstattet bekommen.
Am ersten Abend zeigt sich die Stadt bereits sehr lebendig und für uns unerwartet "europäisch". Obwohl in den äußeren Bezirken der typisch altsowjetische und eher unschöne "Plattenbau-Look" dominiert, ist die Innenstadt teils sehr modern und florierend. Zufälligerweise sind wir noch rechtzeitig zum Ende eines freien Musikfestivals in der Stadt angekommen, sodass unsere abendliche Erkundungstour musikalisch begleitet wird.
Wir fahren entlang der M4 Richtung Wanadsor und entschließen dort spontan nach Yerevan zu fahren. Armenien überrascht uns mit extrem gastfreundlichen Menschen sowie bisher überaus guten Straßen. Überall entlang der Straße winken und lächeln uns Menschen entgegen. Nicht selten werden wir angehalten und bekommen kleine Geschenke. (Äpfel, Birnen, Tomaten, Tee, …) Da wir kein Wort Armenisch verstehen und unser Russisch auch kaum vorhanden ist, läuft die Kommunikation meist eher schleppend. Sauberes Wasser und passende Zeltplätze zu finden, ist kein Problem und die Preise der meisten Lebensmittel sind im direkten Vergleich zu Georgien deutlich niedriger.
- Weißbrot: 25 bis 50 ct
- 1 kg Äpfel: 75 ct
- 1 kg 15%-Joghurt: 1,75 €
Hostels o.ä. sind im Allgemeinen teurer als in Georgien. Wir werden uns daher nicht allzu lange in Städten aufhalten, sondern mehr Zeit im Zelt verbringen.
Die Landschaft in Armenien führte uns ab der Grenze zuerst durch einen Canyon und anschließend auf eine Hochebene (knapp 2000m), wo viele kleine bis mittelgroße Dörfer angesiedelt sind. Armenien ist an sich noch ein armes Land. Die gestapelten Kuhfladen und über-Haus-großen Strohballensammlungen zeigen, wie hier noch gewirtschaftet und geheizt wird. Die Berge sind karg und gelb-braun gefärbt (Gestein und vertrocknetes Gras), in den Ebenen wird aber fleißig Ackerland betrieben und an Marktständen gehandelt.
Nachdem wir Tiflis verlassen, verändert sich die Landschaft drastisch. Was wir bisher als eher sehr grünes Georgien empfunden haben, wird zu einer Steppenlandschaft, in der die Farbe goldgelb stark dominiert. Kurz vor der Grenze zu Armenien treffen wir auf einen anderen Radreisenden. Er heißt Frank und kommt aus Dresden. Wir beschließen zusammen über die Grenze zu fahren und dann gemeinsam die erste Nacht in Armenien zu zelten. Frank ist seit 2 Jahren unterwegs und will nach Hiroshima. Beim gemeinsamen Abendessen erfahren wir so einiges über Frank, welcher doch einige Schicksalsschläge hinter sich hat. Umso schöner, dass er sich nun einen Lebenstraum, mit dem Fahrrad um die Welt, erfüllen kann. Er fährt mit der Mission: "Für Frieden und Völkerverständigung“ nach Hiroshima und will dort am 06.08.2025, zum 80-jährigen Gedenken an die Atombombe, ankommen.
Wir hatten in Mestia einen Visaantrag für den Iran gestellt, welcher dann nach etwa einer Woche abgelehnt wurde. Daraufhin nahmen wir Kontakt zu einer Visaagentur auf, die uns für 30 € pro Person ein Iran Visum besorgen sollte. Am Sonntag, den 04.09, erhielten wir die Bestätigung von der Agentur, dass der Visumsantrag erfolgreich war und wir unsere Visa in der Iranischen Botschaft in Tiflis abholen können. Alles lief soweit glatt, bis wir bei der lokalen TBC Bank die Visagebühren entrichten sollten. Nach längeren Diskussionen mit einer Bankmitarbeiterin trafen wir auf ein georgisch-deutsches Paar, das bei der TBC Bank ein Konto besitzt und ebenfalls ein Iran Visum beantragt hatte. Diese konnten für uns die Gebühr entrichten. Ein Schweizer, der ebenfalls die Visa Gebühr bezahlen wollte, wurde eine Registrierung aufs Auge gedrückt, welche einiges an Zeit in Anspruch nahm. Nach ca. 3,5h hatten wir unsere Visa dann endlich. Am Ausgang der Botschaft trafen wir erneut auf den Schweizer. Im Bild ist das Paar sowie der Schweizer am Eingang der iranischen Botschaft zu sehen.
Während wir auf unser Visum warten, erkunden wir ein wenig Tiflis und versuchen Ersatzteile für unsere Taschen und Räder zu bekommen. Leider bewegen sich die Tagestemperaturen zwischen 34 und 38°C, was längere Ausflüge zu einer schweißtreibenden Angelegenheit werden lässt. Tiflis ist eine Stadt, wie wir es noch nicht gesehen haben. Die ganze Stadt wird von mehreren Seiten von Hügeln/Bergen eingefasst, welche das Stadtbild prägen und es teilweise sogar komplett unterbrechen und für interessante Straßenführungen sorgen. Es gibt sehr viele kleine und mittelgroße Geschäfte. Gegenüber von unserem Hostel liegen direkt ein Bäcker, mehrere Supermärkte, ein Imbissstand und 2 Apotheken.
Auf dem Weg von Kutaissi nach Tiflis wurde es das erste mal so richtig heiß (> 37 °C) für uns. Auf einer Seitenstraße der E60 in Richtung Sestaponi wollte dann Bernis Kreislauf nicht mehr so richtig und wir beschlossen den Tag früher als gewöhnlich zu beenden. Am nächsten Tag schien alles wieder etwas besser zu sein. Doch als die Mittagshitze einsetzte, zeichnete sich ein ähnliches Bild wie vom Vortrag ab. Nach kurzer Diskussion beschlossen wir dem heißen Wetter ein wenig zu entfliehen und ab dem nächsten Bahnhof direkt nach Tiflis mit dem Zug zu fahren. Nach einer etwas längeren Diskussion mit der Dame am Schalter war dann klar, dass wir für den nächsten Tag um ca. 21 Uhr einen Zug buchen können. Beim Verladen der Räder in ein Zugabteil, welcher ziemlich sicher nicht dafür gedacht ist Räder zu transportieren, wurden wir von mehreren Mitarbeitern der georgischen Bahn super unterstützt. Um ca. Mitternacht erreichten wir Tiflis. Kosten pro Person inklusive Fahrrad: 18 GEL = 6,50 €
Vom Zagari-Pass sind es etwa 160 km bis ins Tal zur Stadt Kutaissi. Von nahezu nicht befahrbarer Straße mit Steigungen von über 12 % bis hin zu perfekt geteerten Straßen, welche in gigantische Felswände gehauen wurden, ist alles dabei. Man spürt jedoch jeden Höhenmeter, den man Kutaissi näher kommt, da Temperatur sowie Verkehr stetig und unaufhaltsam zunehmen. In einem Restaurant in Mele nahe Mami gab es ein Wiedersehen mit einer geführten Radfahrertour, welche wir kurz nach Mestia schon einmal getroffen hatten. Angekommen in Kutaissi besuchten wir den Bauernmarkt, von welchem der Guide der Fahrradgruppe uns erzählt hatte. Er hatte nicht zu viel versprochen. Zig kleine Stände mit einem gigantischen Warenangebot, das von Obst und Gemüse über Käse, Fleisch, Gewürze und Kräuter, Süßigkeiten, Getreide bis zu selbstgemachte Weinen und auch Handwerkserzeugnissen reichte. Ein wahres Festfrühstück/Mittagessen erwartete uns.
Von Mestia aus waren es noch etwa 45 km bis Uschguli und dann noch mal ca. 10 km den Pass hinauf bis auf 2610 hm. Kurz nach Lalkhori endete die geteerte/betonierte Straße und ging in einen akzeptabel befahrbaren Sand-/Kiesweg über. Angekommen in Uschguli spazierten wir eine kleine Runde durchs Dorf, füllten unsere Wasser und Nahrungsvorräte auf und machten uns auf den Weg zu einer Kapelle, welche knapp oberhalb des Zagari-Passes liegen sollte. Wir fanden die Kapelle und ein weiteres Gebäude auf einem herrlichen, mit Gras bewachsenem Bergvorsprung. Leider waren Kapelle und Gebäude verschlossen, was uns jedoch wenig störte. Der Ausblick auf mehrere der höchsten Berge des großen Kaukasus gefiel uns dermaßen gut, dass wir spontan beschlossen, eine zweite Nacht auf dem Pass zu verbringen. Einer der bisher schönsten Orte dieser Reise.(Wir können die Fotos in unserer Galerie hier nur empfehlen)
Die Idee, zwei Nächte in Mestia zu bleiben und eine kleine Bergtour zu machen, kam eher spontan paar Kilometer vor Mestia zustande. Kurzerhand suchten wir uns eine Unterkunft und funktionierten eine unserer Gepäcktaschen so um, dass sie als behelfsmäßiger Rucksack einigermaßen zu gebrauchen war. Das eigentliche Ziel unserer Bergtour war ein Kreuz etwa 600 hm über Mestia, von welchem aus wir uns einen schönen Überblick über das Dorf sowie einen kleinen Teil des Kaukasus versprachen. Angekommen am Kreuz wollten wir noch ein kleines Stück weiter, und noch mal weiter... Und als dann das Schild für die Koruldi Lakes in Sicht kam, war uns klar, dass wir da noch schnell hingehen. So entwickelte sich eine kurze 3h-Runde zu einer doch eher mittleren Bergtour von 7 1/2 Stunden. Die Aussicht auf über 2700 hm war unglaublich schön und jede Anstrengung wert.
Von Dschwari aus geht es steil bergauf bis wir zu unserer linken Seite den Enguri-Damm erblicken. Auf etwa 800 hm erreichen wir den Sattel und fahren anschließend etwa 20 km entlang des Stausees. Danach geht es stetig entlang des Enguri-Flusses aufwärts. Wir passieren viele kleine Dörfer, welche oft nur aus ein paar wenigen Häusern bestehen. Wir müssen ein wenig aufpassen, wo wir noch Essen kaufen können bzw. wo es entlang der Strecke möglicherweise Wasser gibt. Vorsichtshalber filtern wir nun so gut wie jedes Wasser, welches wir trinken. Die Handyapp "IOverlander" hilft uns ein wenig, uns entlang der Straße zurechtzufinden. Es fahren sehr viele LKWs und Personenfahrzeuge an uns vorbei. Offensichtlich haben nicht nur wir gelesen, dass die Bergwelt in Swanetien rund um Mestia wunderschön sein soll. Wenn möglich wollen wir in Mestia eine kleine Bergtour gehen, bevor es weiter Richtung Ushguli und den Zagari-Pass geht.
Auf dem Weg nach Mestia, einem abgelegenen Bergdorf im großen Kaukasus, verbringen wir die erste Nacht am Fuße des Passes in der Nähe von Dschwari. Noch bevor unser Zelt steht haben wir bereits einen hungrigen Besucher. Ein junger Hund gesellt sich zu uns. Ein bis zwei Minuten später gesellt sich noch eine junge Katze dazu. Beide scheinen hier zu wohnen und von dem zu leben, was die Angler und Reisenden, wie wir, ihnen zu fressen geben. Die beiden mögen sich offensichtlich nicht. Zum Glück haben wir in Dschwari genügend Brot und einen Frischkäse gekauft. An diesem Abend muss keiner von uns Vieren hungern. Als die Nacht einsetzt haben wir eher Sorge, dass sich unsere beiden Gäste massiv überfressen haben.
Nach den ersten Kilometern in Georgien mussten wir leider feststellen, dass wir offensichtlich irgendetwas aufgeschnappt haben. Nach 2 bescheidenen Nächten auf einem gratis Campingplatz, wo wir von unseren Zeltnachbarn verpflegt wurden, entschieden wir uns trotz Krankheit ein paar Kilometer weiterzufahren, um ein paar Tage an einem Campingplatz mit festen Hütten zu verbringen. Hier können wir alles waschen, uns duschen und unsere Räder mal wieder auf Vordermann bringen. Nach über 4000 km sind nun die ersten Bremsbeläge durch. Auch die Riemen wollen mal wieder nachgespannt werden usw. Während wir unsere Körper regenerieren und unser Material warten, planen wir gleichzeitig unsere weitere Zeit in Georgien.
Bereits 30 km vor der Grenze fallen uns extrem viele LKWs auf, welche den kompletten rechten Fahrstreifen blockieren. Auch in Tunneln und auf jeder nur möglichen Parkfläche stehen plötzlich LKWs. Wir arbeiten uns langsam zur Grenze vor und blockieren dabei auf der linken Fahrspur etliche PKWs. An der Grenze werden wir als Fußgänger behandelt und müssen samt Fahrräder durch den Zoll. Die Beamten haben Mitleid mit uns und wir müssen unsere Räder nicht abladen. Nach etwa 1,5h sind alle Stationen passiert und wir fahren das erste Mal auf georgischen Straßen. Wir verlassen die Türkei und blicken mit einem weinenden und einem lachenden Auge zurück. Wir haben dort viele sehr herzliche Menschen getroffen. Wir haben tolle Erfahrungen gemacht. Wir würden gerne noch mehr von der Türkei sehen. Das Hochland um Ankara, die Berge nahe Trabzon und Rize, Kappadokien usw. Aber wir wollen genau so Zeit in Georgien verbringen.
Das Wetter war die Tage eher bewölkt und die Wetterdienste bekriegten sich mit Hiobsbotschaften. Tatsächlich war es dann eher so, dass wir ab und an leichten Sprühregen hatten. Alles also halb so wild. Wir wollten heute noch vor Rize übernachten, fanden aber einfach keinen passablen Schlafplatz. Durch Zufall sahen wir einen betonierten Badestrand. Da das Wetter augenscheinlich zu halten schien und die Anzahl der Mücken erträglich war, entschieden wir uns die Nacht unter freiem Himmel zu schlafen. Es war traumhaft schön. Nicht ein Tropfen berührte uns diese Nacht und wir standen um kurz nach 5 Uhr mit der Sonne auf um direkt ins Schwarze Meer zu springen.
Wir durften am ersten von drei geplanten Hochzeitstagen dem Ereignis beiwohnen. Bei unserer Ankunft war bereits alles in vollem Gange. Wir wurden von der Gastgeberin begrüßt und direkt vorbei an der tanzenden Braut mit ihren Freundinnen/Verwandten, zum Essensplatz geführt. Dazu muss man sagen, dass die Hochzeit selbst in einem Dorf stattfand, welches quasi aus einer kompletten Straße bestand. Diese war abgesperrt und mehrere Gebäude wurden kurzerhand von den Feiernden mit beschlagnahmt. Nach dem Essen wurden wir wie in einer kleinen Arena auf Stühle um die tanzende Frauenmeute herum platziert. Immer wieder wurden von Häuserdächern aus Schüsse bzw. ganze Salven in den Nachthimmel gefeuert. Nach etwa 20 Minuten traf der Bräutigam mit etwa 100 weiteren Personen auf der Hochzeit ein. Danach wurde wieder getanzt (jetzt Männer und Frauen) und in einer großen Zeremonie wurde der Braut "Henna" auf die Handflächen aufgetragen. Nach dieser Zeremonie traten wir die Heimreise an. Uns wurde erklärt, dass der erste Abend meist bis in die Morgenstunden dauere.
Nachdem für die nächsten Tage schlechteres Wetter vorhergesagt wurde, entschieden wir uns Ihsan zu kontaktieren, ob er eine kostengünstige Unterkunft in der Nähe von Ordu für uns wüsste. Prompt wurden wir bei Familie Yigit einquartiert und lernten innerhalb von nur wenigen Tage sehr viel über die türkische Lebensweise kennen. Wir besuchten zusammen mit Ihsan und seiner Familie mehrere Verwandte in den Bergen südlich von Ordu. Wir fuhren zusammen zu mehreren schönen Orten. Wir wurden zigfach zu hervorragenden Essen eingeladen usw. Uns wurden die Klamotten gewaschen und alle nur erdenklichen Annehmlichkeiten bereitet, die man sich nur vorstellen kann. Den Abschluss unseres Aufenthalts krönt heute Abend eine türkische Hochzeit eines Nachbarn der Familie, welcher uns direkt mit eingeladen hat. Wir sind schon sehr gespannt, wie das heute wird. Morgen geht es dann weiter Richtung Trabzon.
Von Samsun aus fahren wir entlang der D010, welche jetzt eine mehrspurige Schnellstraße ist, bis nach Bolaman. Wir biegen Richtung Kazancili ab und fahren die Halbinsel hinauf bis wir an der Spitze einen schönen Campingplatz finden. Hier gibt es sogar eine Dusche mit warmen Wasser, ein Luxus den wir schon lange nicht mehr hatten. Wir entscheiden und spontan einen Pausentag einzulegen. Ideal um ein wenig am Strand zu liegen, den ein oder anderen Cay zu trinken und die Website zu aktualisieren.
Kurz vor Sinop werden wir von Ihsan gefragt, ob wir ein Stück in seinem Lieferwagen mitfahren wollen. Er ist Richtung Altinordu unterwegs.
Wir entscheiden uns ein Stück mit zu fahren.
Auf dieser Autofahrt lernen wir:
- wie man am Handy schreibt, während man Kühen auf der Schnellstraße ausweicht.
- wie man bei einer erlaubten Maximalgeschwindigkeit von 70km/h eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 80km/h fahren kann.
- dass es theoretisch sehr viele Blitzer auf einer Schnellstraße gibt, diese aber in der Praxis nicht funktionieren.
- dass Zebrastreifen sehr dekorativ sind, aber nicht zwingend einen Nutzen haben.
Auf halber Strecke werden wir dann noch zum Essen eingeladen. Wir fahren bis nach Samsun mit. Beim Aussteigen sagt Ihsan, dass wir uns bei ihm melden sollen, wenn wir durch Altinordu fahren, er wohne dort und würde uns gerne wiedersehen.
Auch die Strecke von Cide nach Sinop ist eine wahre Genussfahrt. Trotz der teilweise etwas schlechteren Straßen und den vielen Höhenmetern macht es einfach Spaß von Tal zu Tal zu fahren. Wasser gibt es genügend entlang des Weges. Alternativ zu den vielen Quellen am Straßenrand kann man hier fast immer die örtlichen Moscheen nutzen. Die Sauberkeit der sanitären Einrichtung der Moscheen variiert leider sehr stark. Viele Leute fragen uns immer wieder woher wir kommen oder zeigen uns einen Daumen nach oben, wenn wir vorbei radeln. Wir versuchen immer möglichst bei kleinen Läden am Straßenrand einzukaufen, welche oft ein tolles Angebot an frischem Obst und Gemüse bieten. Richtung Sinop fallen die Berge nicht mehr steil ins Meer ab sondern werden mehr zu größeren Hügeln, welche im Meer enden. Aber auch viele kleinere Hügel haben einiges an Höhenmetern zu bieten.
Die Strecke von Zonguldak nach Cide ist eine der schönsten Fahrradstrecken, die wir jemals gefahren sind. Gleichzeitig ist es wohl die Strecke mit den meisten Höhenmetern pro Kilometer (z.B. 65 km -> 1850 hm). Die D010 schlängelt sich entlang der Küste durch viele kleine Bergdörfer, welche oft nur ein paar dutzend Häuser zählen. Ca. alle 2-3 km findet man am Straßenrad Trinkwasser in eingefassten Quellen. Alle 10 - 15 km landet man wieder in einem Tal, dessen Mitte meist von einem Fluss durchzogen ist. Perfekte Orte also um sich für die Nacht niederzulassen. Ausländische Touristen findet man in dieser Gegend wenige. Wir ernten entlang der Straße viele ungläubige Blicke und werden des Öfteren auf einen Cay-Tee eingeladen. Auf die Frage ob wir verrückt sind können wir nun getrost mit "ein bisschen" antworten. Allen Fahrrad-Enthusiasten unter den Lesern unseres kleinen Reiseblogs können wir diesen Abschnitt unserer Reise nur wärmstens empfehlen: anstrengend, aber wunderschön!
Wir fahren teils auf der D010, teils auf Nebenstraßen Richtung Zonguldak. Unsere Hoffnung, dass nur die kleineren Nebenstraßen so steil sind (10% Steigung und mehr), mussten wir leider aufgeben. Die D010 ist teilweise 4-spurig und mit breiten Seitenstreifen ausgebaut, teilweise dann wieder nur einspurig und gerade mal so breit, dass sie größere LKWs nur mit Mühe befahren können. Die Suche nach Schlafplätzen zählt zu unserer täglichen Nachmittagsbeschäftigung. Dabei haben wir immer wieder Glück und finden wirklich schöne Plätze. Monis Erkältungs-Husten wird immer weniger und die sonnigen Wetteraussichten versprechen eine schöne Radlwoche.
Auf kleinen Straßen schlängelt sich unser Weg entlang des Schwarzen Meeres Richtung Osten. Wir haben kaum Verkehr und die Straßen sind gut befahrbar. Leider sind die Steigungen teilweise so extrem, dass bei mir das Getriebe die benötigte Kraft im ersten Gang nicht übersetzten kann und dann durchrauscht. Ab Steigungen von ca. 15% muss ich also leider schieben. Auch die Abfahrten bringen unsere Bremsen an ihr Limit. Dazu kommt noch der stetige Meerwind, welcher meist seitlich mit ca. 20 - 30 km/h bläst. Unsere Durchschnittsgeschwindigkeit auf dieser Strecke liegt jetzt bei ca. 10 km/h. Das Gute am konstanten Wind ist, dass wir trotz vollen 10 Stunden Sonne nicht mehr als 25 °C erreichen. Wir passieren viele kleine Dörfer entlang unseres Weges und treffen Tristan Smith aus Wyoming. Er fährt ebenfalls entlang des Schwarzen Meeres bis Trabzon. Wir unterhalten uns ein wenig, bis wir ihn in Bagirganli verlieren.
Wir waren Zelten in der Nähe von Bagirganli, an einem wunderschönen Platz etwa 10 m oberhalb der Felsküste des Schwarzen Meeres. Da es an diesem Platz keine Bäume gab hatten wir mit offenem Zelt geschlafen, sodass der Wind das Innere des Zeltes besser kühlen konnte. Am Morgen des nächsten Tages war einer meiner beiden Fahrradschuhe verschwunden. Der Socken, welcher in dem Schuh gesteckt hatte, lag noch an Ort und Stelle, wo auch der Schuh hätte sein sollen. Wir waren uns relativ schnell einig, dass einer der streunenden Hunde vermutlich dafür verantwortlich gewesen sein muss. Wir hatten am Vortag beobachtet, dass die Hunde auf dem Fußweg vom Dorf her gekommen und auch wieder verschwunden sind. Nach kurzer Suchzeit und etwa 300 m von unserem Zeltplatz entfernt, fanden wir auf einem der Parkplätze tatsächlich meinen verloren geglaubten Fahrradschuh wieder. An einer Stelle hat er leichte Bissspuren abbekommen, ist ansonsten aber vollkommen intakt. Glücksdog heid! Ab jetzt binden wir unsere Schuhe über Nacht immer zusammen und an einer Tasche oder an das Zelt fest.
Samstag 7 Uhr: Kurz zu Post und dann ab Richtung Schwarzes Meer. Mittags sind wir aus Istanbul raus und auf der D020 Richtung Sile unterwegs.... dachten wir jedenfalls.
Fakt war, dass aufgrund eines Feiertages die Post nahezu überall geschlossen war bzw. die in Google-Maps eingezeichneten Poststellen von DHL nicht existent oder nur DHL-Express-Servicepunkte waren. So kam es, dass wir gegen 13 Uhr noch keine Pakete verschickt hatten, dafür aber schon ca. 20 km quer durch Istanbul gegurkt waren. Die D016 welche uns zur eigentlich bevorzugten D020 bringen sollte erwies sich als 4-spurige Autobahn, wo Fahrräder zwar erlaubt, aber doch eher seltene Verkehrsteilnehmer zu sein schienen. Als wir die D016 verlassen wollten, um über kleiner Straßen Richtung D020 zu fahren, winkte uns Halil mit seinem Abschleppwagen zu sich an den Seitenstreifen heran. Da er in dieselbe Richtung fahren wollte wie wir, wurden unserer Fahrräder kurzerhand aufgeladen und 3 Stunden und ein Mittagessen später waren wir auch schon in Sile. So schnell kann sich ein Tag auf einer Reise verändern! Letztendlich sind wir an diesem Tag also doch weitergekommen als gehofft und haben uns zudem die hügelige Strecke auf der Schnellstraße Richtung Sile gespart 🙂 In Sile fanden wir dann auch einen Park mit Meereszugang, an dem neben uns noch weitere Einheimische ihre Zelte aufgeschlagen hatten... die Einladung zum Cay-Tee von unseren türkischen Zeltnachbarn hat keine 2 min gedauert und unseren Abend mit atemberaubendem Blick über die Schwarzmeer-Küste ausklingen lassen.
Wir haben uns für 5 Nächte in Istanbul ein Airbnb-Zimmer gemietet. Mit ca. 12 qm inklusive Bad nicht das größte, aber zum Schlafen reichts allemal. Nach einer Bootstour auf dem Bosporus, einem Besuch der Hagia Sophia sowie der Blauen Moschee, stand natürlich noch Shopping auf der To-do-Liste. Das Angebot und die Fülle an Ständen erschlägt einen nahezu. Von allen Seiten wirken die Zurufe der Händler, die verschiedenen Gerüche und Eindrücke in gerade zu überwältigender Vielfalt auf einen ein. Das Feilschen um die Preise ist man als Europäer nicht gewöhnt, ist aber ganz normaler Bestandteil des Einkaufens. Wir mussten auch erst lernen, dass die angeschriebenen Preise mit der Realität nicht immer was zu tun haben. Hier noch 3 Tipps für Istanbul:
- Geld wechseln im großen Basar → hier bekommt ihr den mit Abstand besten Wechselkurs.
- Süßigkeiten oder Gewürze nicht auf dem großen Basar oder dem Ägyptenbasar kaufen. Diese sind dort viel zu teuer.
- Man muss nicht alle Einladungen annehmen. Niemand ist bei einem „Nein“ wirklich beleidigt.
Wir durften die Nacht in der nähe von Istanbul bei unserem neuen Freund Ünal im Garten schlafen. Eigentlich wollte ich nur nach etwas Wasser für die Nacht fragen, aber daraus wurde dann ein spontanes Festessen mit 2 weiteren seiner Nachbarn. Über die Kanuni-Sultan-Süleyman-Brücke sind wir auf die E5 gefahren und zusammen mit tausenden weiterer Fahrzeuge in Richtung Innenstadt gebraust. Viele Leute (vor allem Busfahrer) fanden unseren Anblick auf der Nebenstraße der E5 offenbar sehr lustig und so wurden wir mit viel Winken und Hupen begrüßt. Istanbul ist auf mehrere Halbinseln gebaut, sodass unser Weg bis zu unserer Unterkunft doch noch einiges an Höhenmeter für uns bereit hielt. Gegen 16 Uhr und nach ca. 50 km reiner Stadtfahrt kamen wir in unserem kleinen Airbnb-Zimmer im Stadtteil Eminönü an. Jetzt werden wir erstmal ein paar Tage die Füße hochlegen und Istanbul genießen, bevor es weiter ins Landesinnere der Türkei geht.
Von Iskender aus folgten wir der Straße D020 bis Subasi. Dabei war uns das Wetter nicht immer allzu wohl gesonnen und wir brauchten seit langer Zeit einmal wieder unsere Regenkleidung. Die Landschaft entlang der D020 ist hügelig, aber im Vergleich zu Bulgarien sauberer. Teils sieht man steppenartige Wiesen/Weidegebiete, teils Sonnenblumen/Getreidefelder und andere Ackerflächen. In den Tälern fließen meist kleine Bäche, welche dann sehr stark von Bäumen und Sträuchern eingewachsen sind. Die türkische Gastfreundschaft ist hier wirklich gigantisch und wir haben an den mehr als üppig gedeckten Tischen mehr als einmal über unsere Sollgrenze gegessen. Da wir leider erst wenige türkische Wörter beherrschen, musste unser guter Google-Translator einiges an Arbeit leisten.
In Bulgarien sind wir entlang der Straße "8" von Biser nach Kapitan Andreewo und weiter an die türkische Grenze gefahren. Die Straße endete allerdings abrupt, mitten in einem Zaun 50 m vor der türkischen Grenze. Zum Glück war bereits ein eingetretener Trampelpfad auf die Autobahn A4, welche nur 20 Meter entfernt verläuft. An der Grenzstation verlief unsere Einreise ohne Probleme, wobei die Desinfektionsspray-Anlage für Radfahrer nicht deaktiviert wurde. Frisch und von Hand bis Fuß eingenebelt sind wir so Richtung Edirne aufgebrochen. Dass wir dabei 30 km auf der türkischen Autobahn mit den Rädern gefahren sind hat die Wenigsten gestört. Wir waren tatsächlich nicht einmal die Langsamsten aller Verkehrsteilnehmer.
Auf dem Bergpass zwischen Elena und Twardiza kamen wir in den Genuss von 1080 m ü.N.N. (unser höchster Punkt bisher!). Insgesamt dauerte die Reise auf den Pass etwa 3 1/2 Stunden. Die Berge hier sind überwiegend komplett bewaldet, sodass man auf den weiten Ausblick von oben leider verzichten muss. Die nächsten 17 km abwärts nach Twardiza waren dann für die Haxn der reinste Traum und wir wurden zusätzlich am Abend mit einem fantastischen (wenn auch kaum ausgeschilderten) Campingplatz in der Nähe von Banya belohnt. Von dort aus ging es am nächsten Morgen Richtung Galabovo entlang der Straße 554. Nach 104 km durch Bulgarien, welches manchmal eher an Kalifornien erinnert, erreichten wir Biser, wo wir einen kleinen Campingplatz vorfanden. Dieser wurde uns etwa eine Woche zuvor von einem niederländischen Paar, welches selbst auf einer Radreise unterwegs ist, empfohlen. Morgen geht es von hier aus über Swilengrad weiter an die türkisch-bulgarische Grenze.
Angekommen in Bulgarien haben wir erst einmal Geld gewechselt und dann versucht uns entlang kleiner Straßen in Richtung Weliko Tarnowo zu bewegen. Die erste Nacht verbrachten wir in der Nähe von Lewski an dem wunderschönen kleinen Fluss Ossam. In Weliko Tarnowo konnten wir dann endlich ein paar notwendige Dinge (Ausrüstung) besorgen, welche sonst in kleineren Orten schwer zu bekommen sind. Unseren Plan, die Straße 55 Richtung Gurkowo durch die Berge zu nehmen, hatten wir bereits nach wenigen Minuten wieder verworfen. Es waren einfach zu viele LKW's, die ebenfalls diese Route nehmen. Stattdessen fuhren wir östlich Richtung Elena und konnten am Lovkotzi See in einer Fischerhütte übernachten. Am nächsten Morgen erreichten wir dann Elena, ein wirklich uriges und wuseliges Dorf.
Am 30.06.2022 sind wir in Rumänien eingereist und haben es am 03.07.2022 wieder verlassen. Insgesamt sind wir etwa 300 km von Bsalta Verde bis Turnu Măgurele gefahren. Rumänien hat uns gleich mehrfach positiv überrascht. Einerseits mit den überaus freundlichen und fröhlichen Leuten, die einem quasi schon von der Haustür aus zuwinken, zum anderen mit den tollen Zeltplätzen, die wir dort gefunden haben. Wir können inzwischen leider keine Wassermelonen mehr sehen, obwohl es wohl wenig Orte auf dieser Erde gibt, wo diese besser schmecken als direkt von den rumänischen Feldern. In den Ortschaften sind fast immer frei zugängliche Trinkwasserquellen zu finden. Wir vermuten, dass diese für die vielen Pferdefuhrwerke gedacht sind. Für Fahrradreisende ist Rumänien aus unserer Sicht sehr zu empfehlen und wir bedauern fast nur 3 Tage in Rumänien verbracht zu haben.
Auf unserem Weg über die Berge von Donji Milanovac nach Brza Palanka kamen wir kurz vor Miroc an der Höhle " Gradašnica" vorbei. Die Gradašnica-Höhle liegt auf einer Höhe von 380 m und stellt mit dem Flussbecken ein zum Schutz eingetragenes Naturdenkmal dar. Im Höhleneingang leben verschiedene Vogelarten und Fledermäuse. Die Höhle ist ca. 150 m begehbar. Ein wunderschönes Fleckchen Erde das wir hier bewundern durften.
Entlang der Donau, durch Belgrad hindurch sowie die darauf folgenden Kilometer war unser Weg geprägt von sehr vielen Schlaglöschern und diversen Arten von Sand- und Kieswegen. Die Supermärkte weichen nun allmählich den kleineren und wesentlich spärlicher ausgestatteten Dorflädchen. Bis man nun alle Sachen beisammen hat, müssen manchmal schon 4-5 Läden angefahren werden. Vielleicht sind wir aber auch einfach zu extrig 😉 An allen Ecken sind nun kleine Obststände zu finden und so kam es bereits öfters vor, dass ein Mittagessen sich komplett aus der Plünderung eines solchen kleinen lokalen Verkäufers ergeben hat. Auch der lokale Honig ist sehr zu empfehlen. Die meisten Serben freuen sich, Radreisende zu sehen und sind im Falle des Falles außerordentlich hilfsbereit und stehen einen mit Rat (den wir nicht immer verstehen) und Tat zur Seite.
Vom einem der besten Gastgeber den wir auf dieser Reise bisher getroffen haben, den Besitzer des Bike Camps "Long Tour" in Sombor, führte unser Weg weiter zum Lake Provala. Am nächsten Tag ging es über teils mäßig gute Straßen entlang der Donau zum Restaurant "Na Jami" nahe Begec. Direkt angrenzend am Restaurant war ein kleiner See und uns wurde erlaubt die Wiese zum Zelten zu nutzen. Am selben Abend fand dort eine serbische Party statt und wir konnten den Bass bis lange nach 2 Uhr morgens hören. Am nächsten Tag fuhren wir über Novi Sad Richtung Belgrad. Leider hielten uns ein Platten und das bescheidene Wetter davon ab unser gestecktes Tagesziel zu erreichen, sodass wir diesmal in einem Motel in Novi Banovci übernachteten.
Der Radweg aus Budapest heraus ist nicht ganz ohne... über "bumpy roads" geht es mehr oder weniger gut aus der Stadt heraus. Die ersten 30 km waren dank der 35°C im Schatten eher mühsam. Nach dem Erreichen der ersten Örtchen, die nicht mehr direkt mit Budapest zusammengewachsen waren, wurden die Straßen besser und der Wind brachte die nötige Abkühlung. Die nächsten beiden Tage waren weniger heiß und in Bezug auf die Straßen sehr abwechslungsreich. Am Mittwoch den 22.06 um ca. 14 Uhr verließen wir Ungarn (und damit bereits die EU!) über den Grenzübergang "Rastina", um nach Sombor zu fahren.
Am Samstag haben wir uns Budapest a bissl angeschaut. Die Temperaturen von bis zu 34°C haben wir mit ein paar Kaltgetränken niedergekämpft und uns dann spontan entschieden am Sonntag die städtischen Therme zu besuchen. Die Therme war sehr gut besucht, wobei man auch viele Einheimische angetroffen hat. Der Aufbau einer solchen - eher altmodischen - Therme ist wenig mit denen bei uns (z.B. Erding) zu vergleichen. Wer etwas Ungewöhnliches in Budapest erleben will, schaut am besten einfach mal selbst vorbei. Der Eintritt lag bei etwa 17€ pro Person für den ganzen Tag. Am Abend waren wir noch etwas Trinken und ein wenig Tanzen.
In gemütlichem Tempo brauchten wir 3 Tage von Stopfenreuth nach Budapest. Das Wetter war eigentlich durchgehend heiter mit kleineren Wärmegewittern. Der Radweg ist jetzt nur noch dürftig ausgeschildert, jedoch immer noch gut befahrbar. Selten mussten wir den Radweg verlassen um uns eine Alternativroute zu suchen. Immer wieder mal begegnen wir anderen Radfahrern, welche teils ebenfalls größere Reisen geplant haben. "Griechenland oder Nepal" sind hier schon zur Sprache gekommen. Wir bleiben nun 2-3 Nächte in Budapest, um uns die Stadt anzuschauen und vom Radlfahren zu pausieren.
Wegen Krankheit verbrachten wir 3 Nächte an einem wunderschönen wilden Campingplatz nahe Stopfenreuth, um uns auszukurieren. Nach den überstandenen Strapazen machten wir uns am Mittwoch (15.06) wieder auf den Weg - vorbei an Bratislava lag als nächstes Ziel Budapest auf unserer Route.
Am Sonntag haben wir Wien besucht. Mit einem großen Eis lässt es sich bei 25°C im Schatten am Prater leicht aushalten. Entlang der Donauinsel ist in Wien viel geboten. Viele Studenten genießen das schöne Wetter und dementsprechend war dort einiges los. Das Schloss Belvedere beeindruckt mit den gigantischen Gärten und auch sonst lässt die Wiener Altstadt keine Wünsche offen. Wir fahren am Abend weiter Richtung Bratislava, da uns Wien auf Dauer fast etwas zu teuer wäre.
Nachdem wir Passau hinter uns gelassen haben ging es schnurstracks nach Wien. Leider war uns das Wetter nicht all zu wohl gesonnen und so hatten wir zwischen Mittwoch (08.06) und Freitag (10.06) immer wieder mit starkem Wind und einem Wechsel aus Nieselregen und Regen zu kämpfen. Glücklicherweise waren die Abende trocken sodass wir die Nächte dann doch im Zelt verbringen konnten. Mit nem 30er Rückenwind fährt es sich auch bei bescheidenem Wetter stets mit guter Laune. Heute war der bisher heißeste Tag unserer Reise, was für uns praktisch war, um mal wieder alles richtig trocken zu bekommen. Wir werden uns nun ein wenig in Wien umschauen bevor unsere Reise Richtung Bratislava/Budapest weiter geht.
Entlang des Innradweges sind wir am Dienstag bei wechselhaften- und am Mittwoch bei traumhaften Wetter nach Passau gefahren. Die Zeltplatzssuche gestaltete sich am Mittwoch etwas schwieriger, worauf wir beschlossen einen Campingplatz am Rande der Donau an zu fahren. Jetzt geht es weiter Richtung Linz. Bis auf einen etwas geschundenen Hintern gibts noch keine Probleme.
Erster Tag unterwegs. Sind bei Freunden in Wasserburg am Inn untergekommen. Der Abschied von Freunden und Familie sitzt noch ein wenig, aber wir freuen uns jetzt, dass es endlich los geht.
Wir haben auch schon den ersten Defekt festgestellt. Unser Fahrradständer kam mit den knapp 40 kg Zuladung nicht zurecht und funktioniert nun nur noch bedingt. Wir hoffen. dass das Wetter weiter so mitspielt und freuen uns jetzt auf den Innradweg Richtung Passau.
In den letzten zwei Tagen haben wir alles (was wir denken) was wir brauchen werden in 16 unterschiedlich große Taschen gepackt. Jeder von uns beiden hat 2 Lowrider Fahrradtaschen sowie 3 Gepäckträgertaschen, eine Rahmentasche, einen Seesack (Drybag) und eine Fronttasche. Das Leergewicht unserer Räder liegt bei etwa 20 kg und voll gepackt kommen wir auf etwa 60 kg. Jetzt werden noch die letzten Gegenstände in die Taschen geräumt und gescheit gefrühstückt bis es dann um ca. 10:30 Uhr heißt: "Abfahrt".
Wir haben endlich unsere Fahrräder bekommen. Am 20.05.2022 um ca. 18 Uhr haben wir sie in Rosenheim abgeholt. Da unsere gewünschten LowRider von Tubus nicht verfügbar waren, hat uns Emanuel von Cycle kurzerhand ein Alternativprodukt drauf gebaut. Wir finden diese sehen sogar noch besser als die Ursprünglichen. Die darauffolgenden Tage wurden die Fahrräder natürlich gleich intensiv ausprobiert. Ein Getriebe und ein Riemen fühlen sich doch deutlich anders an als die bisher gewohnte Kette. Auch der neue Sattel ist noch gewöhnungsbedürftig. Die nächste Woche werden wir sicher noch etwas Zeit damit verbringen, die Räder perfekt auf uns abzustimmen, bevor es dann losgeht.
Wir haben für unsere Radreise ein Surface Pro 3 von einem Freund vermacht bekommen. Um dieses auch während der Fahrt laden zu können wird eine Spannung von etwa 15V DC und eine Leistung von etwa 30 - 45 W benötigt. Der Standard USB C PD3 (in der Powerbank) kann diese Anforderungen des Surface Pro 3 bedienen. Die Xtorm XB203 Power Bank Infinity verfügt über vier USB Anschlüsse. Drei davon sind normale USB Ausgänge, einer ein USB C Port. Sie kann mit 5V - 20V DC via USB C aufgeladen werden und im gleichen Spannungsbereich bis zu 45W Leistung auch wieder bereitstellen. Das ist optimal für unsere beiden 5V PV Panels von Aukey.
Aufgrund eines Gespräches mit einem Freund, welcher eine ähnliche Reise bereits vor ein paar Jahren gemacht hat, ändern wir unsere geplante Reiseroute durch den Iran. Wir werden die Route mehr ins Landesinnere nach Osten verlegen und uns die von ihm empfohlenen Städte Teheran, Isfahan und Yazd anschauen.
Um die geplante Reise angemessen dokumentieren und unsere Familien daran teilhaben lassen zu können, haben wir uns entschlossen eine GoPro Hero 10 zu kaufen. Mit dieser werden wir Bilder und Videos aufnehmen und diese auf dieser Website veröffentlichen.
Beim Planen der Fahrrad Route sind viele Details zu beachten:
- Zu welcher Jahreszeit kann man wo fahren?
- Wie ist die politische Lage im Land?
- Wie ist das Infektionsgeschehen (Corona) im Land?
Heute Nachmittag wurde die Planung für die Reiseroute noch nicht final, aber weitestgehend abgeschlossen.
Endlich ist es soweit.
Am 16.08.2021 haben wir unsere Traumräder von der Fahrradschmiede Tout Terrain bestellt. Uns wurde eine Lieferzeit von etwa 6 Monate vorausgesagt. Gekauft wurden die Räder über CYCLE – Die Radexperten, einen Fahrradladen im Herzen von Rosenheim.
Viele Grüße an Emanuel für die tolle Beratung und die Möglichkeit vergleichbare Fahrräder Probefahren zu dürfen.